Martinique/Neukaledonien: Auch in den Kolonien lodern die Antennen (und nicht nur dort) Beitrag ursprünglich bei Schwarzer Pfeil eingereicht und dem Archiv entnommen Ich weiß nicht warum, aber an einem schönen Spätherbstmorgen schlich sich eine kleine Ahnung ein: Was, wenn die Mobilfunkmasten auch in den Kolonien ins Visier genommen wurden? Warum sollten Revoluzzer in diesen und … Über die Revolte in Guadeloupe, Martinique und Neukaledonien weiterlesen
Alpes-de-Haute-Provence: Sabotageakt gegen einen oberirdischen Strommast
Les Mées (Alpes-de-Haute-Provence): Sabotage an einem Hochspannungsmast Alpes-de-Haute-Provence: Sabotageakt gegen einen oberirdischen Strommast Beitrag ursprünglich bei Schwarzer Pfeil eingereicht und dem Archiv entnommen La Provence, 1. Dezember 2021 Die Ermittlungen wurden der Gendarmerie übertragen und von der Staatsanwaltschaft eingeleitet, um „die Ursachen für den Fall“ des Mastes zu ermitteln, wie der Staatsanwalt von Digne-les-Bains, Rémy … Alpes-de-Haute-Provence: Sabotageakt gegen einen oberirdischen Strommast weiterlesen
Lorenzo Kom’boa Ervin: Anarchismus, Gewalt und Autorität
Der nachfolgende Beitrag ist eines von 85 Artikeln aus dem Buch Schwarze Saat – Gesammelte Schriften zum Schwarzen und Indigenen Anarchismus. Anmerkung: Im Buch befinden sich völlig unterschiedliche, und teils widersprechende, Positionen. Es werden hier alle Beiträge veröffentlicht, auch solche, deren Positionen wir nicht teilen. Anarchismus, Gewalt und Autorität Lorenzo Kom’boa Ervin Eine der größten Lügen … Lorenzo Kom’boa Ervin: Anarchismus, Gewalt und Autorität weiterlesen
ziq – Fuck Your Red Revolution: Gegen den Ökozid, für die Anarchie
Titel: Fuck Your Red Revolution: Gegen den Ökozid, für die Anarchie
Datum: 2. Februar 2019
Quelle: Entnommen am 15.12.2021 von https://schwarzerpfeil.de/2020/12/23/fuck-your-red-revolution-gegen-den-oekozid-fuer-die-anarchie/
„Es gibt keinen ethischen Konsum im Kapitalismus“ ist ein ermüdendes Mem, von dem ich mir wünsche, dass es sterben würde. So oft wird dieser Slogan von den Roten benutzt, um diejenigen von uns zu verunglimpfen, die sich bemühen, Lebensentscheidungen zu treffen, die zur Schadensreduzierung in unseren Gemeinschaften und unserer natürlichen Umgebung beitragen.
Vegane Ernährung, Fahrradfahren, Müllfischen, Upcycling, Guerilla Gardening, Permakultur, Hausbesetzungen, Illegalismus, Food Forestry, Kommunen, Selbstversorgung und all die anderen „lebensstilistischen“ Aktivitäten, die „individualistische“ Anarchist:innen unternehmen, um ihren Schaden an der Umwelt zu minimieren, werden von vielen Anarcho-Kommunist:innen, Sozialökolog:innen, Anarcho-Transhumanist:innen, Syndikalist:innen und anderen industriehörigen Anarchist:innen beschämt und verspottet. Diese Roten sind versiert in workeristischer Rhetorik und sehen alle Lebensstilentscheidungen als „eine Ablenkung“ von der globalen proletarischen Revolution, die sie als ihr einziges Ziel sehen.
Du wirst hören, wie sie andere Anarchist:innen, die über ethische Wege zur Einschränkung ihres Konsums diskutieren, herabwürdigen, vor allem Leute, die vom Land leben oder ihre Teilnahme an der industriellen Zivilisation auf andere Weise einschränken; Leute, die sie lautstark als „Primmies“ oder „Lifestylist:innen“ abtun und verurteilen.
Sie werden uns sagen, dass wir aufhören sollen, unser Leben im Streben nach persönlicher Anarchie zu leben, weil „es im Kapitalismus keinen ethischen Konsum gibt“. Solange der Welt ein kapitalistisches System aufgezwungen wird, gibt es in den Köpfen der Roten keinen Grund, nach Anarchie zu greifen, bis dieses System gestürzt und durch ihr System ersetzt wurde. Unabhängig davon, wie unwahrscheinlich es ist, dass dies zu unseren Lebzeiten geschehen wird.
Die Verwendung von „kein ethischer Konsum“, um Menschen dafür zu beschämen, dass sie sich bemühen, gewissenhafter zu leben, und alle individuellen Handlungen als „konterrevolutionär“ oder „liberal“ zu verunglimpfen, entspringt einer zutiefst autoritären Denkweise, die an toxische maoistische Säuberungen erinnert, die Menschen dafür bestraften, dass sie sich anders kleideten oder Hobbys hatten oder irgendetwas anderes taten, als sich zu 100% der zerstörerischen Industriearbeit und dem Ruhm „der Revolution“ zu widmen (fast immer in Form eines roten Staates manifestiert).
Der rote Einfluss im anarchistischen Diskurs ist leider in den meisten entwickelten Teilen der Welt vorherrschend und kollektivistisch gesinnte Anarchist:innen bestehen darauf, dass sich jede:r Anarchist:in ihrem Hirngespinst eines Massenaufstandes widmet, um den Kapitalist:innen die Fabriken zu entreißen und sie an die Arbeiter:innen zu übergeben. Sie postulieren, dass demokratisierte Fabriken vorteilhafter für die Arbeiter:innen sein werden, weil sie ein größeres Stück des industriellen Kuchens erhalten werden. Das ist wahr. Aber dann behaupten sie, dass ihre Ideologie „die Umwelt retten“ wird, weil ein Arbeiterkollektiv nicht gierig und zerstörerisch sein wird wie ein kapitalistischer Vorstand. Das ist natürlich völlig unbegründet und ignoriert eklatant die Geschichte der kollektivierten Industrie und ihre verheerenden Auswirkungen auf die Umwelt. Die eklatante Realität ist, dass Industriegesellschaften letztendlich ausnahmslos zum Ökozid führen.
Unzählige marxistische Revolutionen in der Geschichte haben der Umwelt so viel Schaden zugefügt, dass ganze Landstriche, wie zum Beispiel die Gegend um Tschernobyl, für Menschen unbewohnbar gemacht wurden. Auch heute noch werden Babys mit Geburtsfehlern geboren und die Krebsraten in den von der sozialistischen Industrie verwüsteten Regionen sind nach wie vor himmelhoch.
Werfen wir einen kurzen Blick auf das Erbe der ehemaligen UdSSR, das durch die rücksichtslose industrielle Zerstörung entstanden ist, anhand von 3 Beispielen.
Der Fluss Ural in Magnitogorsk, Russland, ist immer noch mit giftigen Bor- und Chromwerten aus dem nahegelegenen Stahlwerk gesättigt und vergiftet das gesamte Ökosystem und seine Bewohner:innen.
Der Aralsee, einst das viertgrößte Binnengewässer der Welt, wurde weitgehend durch die neu entstandene Aralkum-Wüste ersetzt, nachdem die Sowjets zwei Flüsse zur Bewässerung trockengelegt hatten. Das Meer hat jetzt nur noch 10 Prozent seiner ursprünglichen Größe.
Abflüsse von Ölfeldern in der Nähe von Baku haben alle lokalen Gewässer biologisch tot gemacht und jede Lebensform, die in diesen Ökosystemen über Jahrtausende gedieh, ausgelöscht.
Dies sind nur drei Beispiele für den verheerenden Ökozid, der durch das Streben nach industriellem Wachstum verursacht wurde (das laut Marx erforderlich ist, um den Kommunismus zu erreichen), und sie haben natürlich nur zu mehr Kapitalismus und mehr Elend geführt, denn der Industrialismus und das fortgesetzte Streben nach niederer Arbeit wird die Menschen nicht befreien.
Der Wechsel von einer vertikalen zu einer horizontalen Hierarchie wird den Industriearbeiter:innen sicherlich in einigen materiellen Aspekten zugute kommen, aber die Zerstörung unseres Planeten wird sich nicht verlangsamen, nur weil wir eine Machtverschiebung von den Bossen zu den Arbeiter:innen einführen. Die industrielle Produktion ist auf ununterbrochenes Wachstum angewiesen, und wenn man den Erfolg einer Gesellschaft an die industrielle Produktion bindet, schafft man ein Rezept für eine Katastrophe. Die Arbeiter:innen werden nicht dafür stimmen, ihre Industrie oder deren Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren, da ihr Lebensunterhalt vom Wachstum ihrer Industrie abhängt.
Nummer 1 erschienen
„Verwundert stelle ich fest, dass rings um mich ein unaufhörlicher Kampf tobt… schlimmer als an der Front, denn hier sorgt man nicht einmal für die Verwundeten, sondern überlässt sie ihrem Schicksal…
Auch ich nehme teil an dem Kampf, der rings um mich her im Gange ist. Ich lasse mich nicht zertreten!…
Früher wäre ich nie auf solche Gedanken verfallen. Stehlen: welche Schmach, welche Schande!… Jetzt aber meine ich, das Elend die größte Schande ist….Ich begriff, dass rings um mich ein unaufhörlicher Kampf um materielle Güter geführt wird, und dass ebendies der Hauptantrieb allen menschlichen Tuns ist. Ich begriff, dass in den Augen der „Welt“ der eigentliche Wert des Menschen identisch ist mit dem Wert der
materiellen Güter, die er besitzt.“
Gestern wie heute, tausend Gründe für die soziale Revolte.
Diese Gründe lassen sich ohne großes Kopfzerbrechen finden. Sie umgeben uns Tag für Tag und sind Teil einer Normalität, die alles vereinnahmt und so zum Teil ihrer Logik macht. Die soziale Misere, die eingerechnete Kehrseite des Kapitalismus und seiner Demokratie, ist sicherlich vielschichtig und doch auch konkret greif- und sichtbar. Aber bevor wir ins Phrasenglas einzahlen müssen kommen wir auf den Punkt:
Ja, eine weitere anarchistische Zeitung; ja, immer noch wollen wir den Staat und jede Herrschaft zerstören. Immer noch wollen wir die soziale Ordnung, auch die in unseren Köpfen, Patriarchat, Rassismus und das was uns das Aufwachsen und Leben in diesen Verhältnissen eingeprägt hat, kaputt machen und andere Beziehungen entwickeln und leben. Und ja, wir wollen angreifen und nicht warten! Weder warten wir auf einen Befehl noch auf eine Entwicklung. Die Welt mag sich in den letzten Jahren verändert haben doch wir sehen tausend Gründe weiterzukämpfen.
Wir haben kein Interesse an selbstmitleidigen Polemiken oder (pseudo-)wissenschaftlichen Debatten. Wir leben jetzt und hier und werden nicht kapitulieren im Angesicht der lähmenden Widersprüche. Diese Zeitung soll über soziale Konflikte und über revolutionäre Kämpfe, die stattfinden, die wir führen oder führen wollen, sprechen.
Wir wollen keine Hegemonie. Die Anarchie ist offensichtlich ein nie endendes Experiment, für das es keine Anleitung geben kann. Aber sie ist eben auch eine Entscheidung, die Individuen für sich und kollektiv getroffen haben: Die Entscheidung in Feindschaft mit Herrschaft und Unterdrückung zu leben. Wir verstehen die Geschichte der anarchistischen Idee und die derer, die sie gelebt haben, als ein Zeugnis dieses Experiments und eben dieser Entscheidung und sehen uns in dieser Kontinuität.
Diese Zeitung wird sich aus verschiedensten Beiträgen zusammensetzen. Auch solche die bereits älter sind oder irgendwo im Internet gefunden werden können. Wir sehen einen Sinn darin Dinge aus der Schnelllebigkeit, Daten- und Informationsflut des Internets zu nehmen und in ein greifbares Format zu fassen, das von Hand zu Hand wandern und Instrument zwischen denen werden kann, die eine Konsequenz aus diesen Informationen ziehen wollen. Es wir immer Informationen zu gefangenen Rebell*innen und Revolutionär*innen in dieser Zeitung geben, da wir denken, das diese eine Präsenz in unseren Kämpfen brauchen um weiter aktiver Teil dieser bleiben zu können.
Diese Seiten sollen zur Rebellion inspirieren.
Wenn wir uns in ihnen wiederfinden, sind wir auch bereit zugesandte Artikel zu veröffentlichen.
Es lebe die Anarchie!
Inhalt: > Gedanken zu Beginn > Tod in Santa Fu – Es gibt keinen Selbstmord im Knast! > Die Schriften einer Brandstifter*in > Vorwärts, Ikonoklast*innen > Hass&Geduld! -Solidarität mit der Anarchistin Natascia Savio> Ein besonderes Foto > Die unsterbliche Mutter des Jungen Kämpfers > Hungerstreik > Montreuil ( Frankreich ): Support Marbré >Was brennt denn da?! Schweine des Monats > Nach Mitternacht… > Kurzes > Gedicht
Kontakt: LiZ ( Libertäres Zentrum )z.Hd.: 1000GründeKarolinenstr. 21 (Hinterhaus)20357 Hamburg1000gruende@riseup.net
Mario Frisetti, Mario Spesso, Luca Bruno, aus El Paso Occupato und Barocchio Occupato – Gegen die Legalisierung von besetzten Räumen
Titel: Gegen die Legalisierung von besetzten Räumen
Untertitel: Pamphlet zur Entwicklung des Manifests gegen die Legalisierung von besetzten Räumen
Datum: Februar 1994
Bemerkungen: Originaltitel: OPUSCOLO DI SVILUPPO DEL MANIFESTO CONTRO LA LEGALIZZAZIONE DEGLI SPAZI OCCUPATI
Torino, febbraio 1994
da El Paso Occupato e Barocchio Occupato
Quelle: Entnommen am 08.12.2021 von http://panopticon.blogsport.eu/2021/07/28/gegen-die-legalisierung-von-besetzten-raeumen-turin-februar-1994/
Wir haben einen weiteren wichtigen Text ausgegraben und aus dem Italienischen übersetzt, einen der schon seit vielen Jahren auf der Liste ganz oben stand, ein Text der uns in unserer Jugend sehr beeinflusste und auch vor 15 Jahren, oder länger, hätte erscheinen können, aber erst jetzt das Licht sieht. Wie auch immer…
Unter dem Strich geht es gegen die Legalisierung von besetzten Häusern, wie der Titel schon selbst sagt, aber nicht nur. Es sollte erwähnt werden, dass dessen Voraussetzung, logischerweise, aber eben besetzte Häuser waren, was heutzutage, zumindest hier in Berlin nicht gerade en vogue ist. Deshalb spielte dieser Text, der ursprünglich aus Italien, 1994 veröffentlicht, konkret aus einem anarchistischen besetzten Haus in Turin stammt, eine wichtige Rolle für einigen Länder, in denen es eine große Welle an Besetzungen gab und zum Teil noch gibt, also nicht nur Italien, damals so wie heute, sondern auch z.B., der spanische Staat, wo dieser Text schon in den späten 1990er im Umlauf war.
Denn eine wichtige Frage, die sich alle anarchistischen und revolutionären Gruppen stellen sollten, ist, was für eine genaue Funktion diese denn haben sollen. Ist es, wie der Text selbst vorschlägt, ein Sprungbrett für die Selbstverwaltung von Kämpfen, für Direkte Aktionen, usw. oder ist es ein Fetisch, welcher von jeglicher herrschenden Ideologie eingenommen werden kann? Dies wären nur ein paar wenige der Fragen, die dieser Text behandelt.
Als der Text erschien, sprich vier Jahre nach der Gründung der BRD, sind vor allem in Berlin die letzten besetzten Häuser entweder legalisiert worden, als sie einen Vertrag kriegten, oder geräumt worden. Es entgeht unser Kenntnisse, wie und ob in den früheren 1980er und dann später in den früheren 1990er, aber dann vor allem in Ost-Berlin, Debatten und Diskussionen um das Legalisieren von besetzten Häusern existierten, bzw., es entgeht uns wie dies genau stattfand. Ob dies nur intern in der Bewegung diskutiert wurde, oder ob es auch längere Debatten gab, die niedergeschrieben wurden und fürs hier und jetzt von großem Nutzen wären. Wir wissen von Bekannten, die diese Zeit erlebten und in den Kämpfen involviert waren, dass vor allem in den 1980er, in West-Berlin zumindest, solche Debatten und Diskussionen existierten und die Mehrheit der Bewegung gegen die Legalisierung war. Das Ende dieser Geschichte ist die Niederlage dieser Bewegung und der Sieg derjenigen reformistischen und realpolitischen Kräfte, die danach dem Konzept der Hausprojekte Tür und Tor öffneten, als nicht wenige ehemalige besetzte Häuser legalisiert wurden und die Dynamik von Kämpfen diesem Widerspruch angepasst wurden. Es lässt sich daraus die Frage stellen, was für Konsequenzen dies alles bis in unsere Tage noch mitbeeinflusst.
Ein weiteres Thema, das in diesem Text von Bedeutung ist, dreht sich um die Frage der Selbstverwaltung, aber nicht in der sinnentleerten Form wie sie heute gestellt und geäußert wird, sondern sich plastisch aus der Frage der Praxis im Kampf gegen Staat und Kapital bildet. Oder anders formuliert, es handelt sich um die Selbstverwaltung der Kämpfe und die entscheidende Rolle die darin Räume wie besetzte Häuser spielen könnten.
Alles weitere was uns zu diesem Text einfällt, sind Fragen, die in anderen Beiträgen zu der Frage von Eigentum und Wohnungsfrage, zu Themen wie dem Reformismus in einigen anarchistischen Gruppen und weiteres erscheinen werden.
Tod dem sozialen Frieden!
Unser Traum ist es, frei zu leben, alle Formen der konstituierten Macht und alle Hierarchien, die ihre Negation sind, zu zerstören.
Für uns ist die Freiheit nicht von der Freude zu trennen. Wir sind jedoch bereit, titanische Anstrengungen zu unternehmen, um Freiheit und Freude zu erreichen. Im Bewusstsein, dass es keine Freiheit in der Opferung und Aufopferung gibt.
In diesem Sinne ist die vollständigste Erfahrung, die wir heute machen können, die der Selbstverwaltung, die Raum für direkte Aktionen schafft, verstanden als eine offene, kollektive, erweiterbare Erfahrung, die sich nicht um die vom Staat gezogenen Zäune zwischen Legalität und Illegalität schert.
Die Besetzung von verlassenen Räumen bringt diese Prärogative zusammen und öffnet den Weg, auf die richtige Art und Weise, zur Selbstverwaltung. Die Entwicklung der Selbstverwaltung unseres Lebens ist nicht möglich, ohne das Bestehende zu unterwandern.
Ist die Form der Verwaltung der Anarchie. Ihr schlagendes Herz.
Selbstverwaltung ist die Möglichkeit, nach dem Prinzip der Eigenverantwortung und der Methode der Einstimmigkeit (sicher nicht der der – demokratischen – Mehrheit) die Regeln unserer Existenz festzulegen.
Selbstverwaltung, um die Möglichkeit zu bieten, die getrennten Sphären der menschlichen Erfahrung wieder zu vereinen: die Ideen und Handlungen, Hand- und Kopfarbeit, um jene Vollständigkeit wiederzugewinnen, die uns durch die von der Kultur der Macht auferlegte Spezialisierung der Tätigkeiten genommen wurde.
René Riesel, Jaime Semprun – Katastrophismus, Desasterverwaltung und nachhaltige Knechtschaft
Titel: Katastrophismus, Desasterverwaltung und nachhaltige Knechtschaft
Datum: April 2008
Quelle: Entnommen von: "René Riesel, Jaime Semprun: Katastrophismus, Desasterverwaltung und nachhaltige Knechtschaft, HOSTIS EDITIONEN, Juni 2021, S.66".
Die subversive Kraft von Theorien und Hypothesen sollte daran gemessen werden, inwieweit sie eine Analyse der gesellschaftlichen Realität darstellen und ob diese in der Lage ist, Angriffspunkte zu identifizieren - Stellen, an denen man die Macht angreifen kann, um alle Verhältnisse umzuwerfen. Riesel und Semprun legen dar, wie drohende Katastrophen, hier v.a. die des ökologischen Kollaps, dazu dienen, die industrielle Gesellschaft zu erhalten und eine Reglementierung (und Moralisierung) von Oben durchzusetzen, welche die staatliche Macht ausbaut. Der Text Catastrophisme, administration du desastre et soumission durable erschien 2008, im Jahr der Finanzkrise, aber vor Fukushima und der jüngsten Klimabewegung. Und dennoch, oder gerade deshalb, ist dieser Text aktuell, da sich alle (staatlichen) Maßnahmen zur Bewältigung der drohenden Katastrophen immer stärker als Befehle offenbaren. Es ist eine Kritik an den staatlichen und aktivistischen Verwaltern der ökologischen Katastrophe, die einen (moralischen) Massenkonformismus propagieren. Es ist aber auch ein Text - und daher entstammt auch eine große Motivation diesen Text auf Deutsch zu übersetzten -, der sich in der Zeit von Covid-19, den staatlichen Maßnahmen zur Einschränkung von Viren, dem Konkretisieren eines Green New Deal (ein Begriff der 2007 das erste mal verwendet wurde) und anderen autoritären Methoden des Ausnahmezustands äußerst interessant liest.
Dabei sind die folgenden Seiten besonders relevant, da die beiden Autoren und ihre Gefährten seit Jahrzehnten versuchten die Zerstörung der Erde als soziale Frage zu behandeln. Ihre Gesellschaftskritik formulierte sich aus einer Praxis in Frankreich seit den 1960er Jahren - einer situationistischen Vergangenheit und Weiterentwicklung von Ideen und Theorien. In den 1980er gründet sich die, wenn man so möchte, post-situationistische, aber v.a. anti-industrielle[1] Gruppe Encyclopedie des Nuisances (EdN) [Enzyklopädie der Schädlichkeiten] und 1991 gründet u.a. Semprun die Editions de l‘Encyclopedie des Nuisances. Der Fokus liegt auf einer Kritik an der industriellen Gesellschaft und ihren falschen Kritikern (den Linken, Bürgerbewegungen und dem staatlichen Umweltaktivismus). Sie begannen im Jahr 1984 damit eine Wörterbuch der Schädlichkeiten zu erarbeiten, dabei kamen sie nie über den Buchstaben A hinaus und legten das Projekt 1992 nieder. Der folgende Text über den Katastrophismus kann auch so verstanden werden, dass die Rekuperierung des Themas der Naturzerstörung durch die Macht, ihr eigenes Projekt eines Wörterbuchs überflüssig machte - sie somit ihre eigene kritisches Projekt angreifen, um ihre Kritik auf die bestehenden Verhältnisse zu beziehen. Mit der Analyse des (staalichen) Katastrophismus beziehen sie sich direktauf die zeitgenössischen falschen Kritiker und sind nicht sparsam mit (latenter) Kritik. Nach einer spanischen und englischen Übersetzung wird dieser Text hier das erste mal auf deutsch publiziert.
Die Herrschaft von Staat und Kapital zeigte nicht nur in den letzten Jahrzehnten immer wieder „krisenhafte“ Schübe in der sie ihre Macht verteidigen und ausweiten konnte, sondern die Katastrophen wurden für die Herrschaft verwaltbar - und man muss erkennen, dass die Prophezeiung einer Katastrophe für die Herrschaft elementar wurde, um immer wieder aufs Neue einen Ausnahmezustand zu legitimieren. Die Katastrophe kann die drohende Klimaerwärmung sein, aber auch ein drohender Faschismus, oder eben ein Virus - dabei sollte sich von selbst verstehen, dass eine Kritik am staatlichen Katastrophismus nicht gleich bedeutend mit einer Negierung der Existenz von Katastrophe ist. Durch die Bürokratisierung der Katastrophe werden die Ursachen losgelöst von den gesellschaftlichen Verhältnissen behandelt. Eine potenziell radikale Kritik bspw. an der Umweltzerstörung wird lediglich zu einer Verfeinerung der Ausbeutung (weil sie der Macht hilft Auswege zu finden, wenn man sie nicht komplett negiert). Aber vor allem wird ein „staatlicher“ Kollektivismus genährt, welcher jeden zumindest suspekt, wenn nicht gefährlich macht, der nicht seinen Lebensstil und sein Handeln unterordnet. Der Staat und seine Befürworter propagieren eine Massenkonformität und Massenhaftigkeit, welche das Individuum eliminieren soll und die Herrschaft stabilisiert. Die Unkontrollierbaren, Unvernünftigen oder wie auch immer sie genannt werden, die sich nicht einer Masse einverleiben lassen, müssen eingeordnet und in Zaum gehalten werden. Die Linke spielt hier die Rolle für die Herrschaft und eine Massenhaftigkeit der Durchsetzung der Macht, indem sie radikale Abweichungen zumindest anprangert, wenn nicht sogar die Befehle aktiv durchsetzt. Heute zeigt sich diese Massenhaftigkeit (oder auch Massenpsychose) zugespitz als „sanitäres Diktat“, in der die Norm von Oben, auch mit Hilfe der Linken durchgesetzt wird.
Das Fehlen einer revolutionären Perspektive, einer revolutionären Antwort auf die Zerstörung und das Elend, verleitet Viele dazu, ihren Beitrag zu leisten, dass die Gesellschaft zu einem „Waldbrand“ oder „Krankenhaus“ wird, in der die Verwaltung von Oben nach Unten - ein permanenter staatlicher Ausnahmezustand - stattfindet: von einem Notstand in den Anderen. Der folgende Text kann dabei helfen eine revolutionäre Kritik an den Zuständen zu formulieren, oder zumindest kann er dabei helfen sich in wirren Zeiten etwas besser zu orientieren.
Was ist Polizei?
Kampf oder Widerstand ist eine materielle Dynamik, etwas, das geschieht, und etwas, das am Ende des Tages nur zu dem Grad, wie es effektiv ist, eine Bedeutung hat. Je länger wir daran hängen bleiben Polizei als institutionelles, lebloses und konzeptuelles Objekt zu analysieren, gegen das man argumentieren kann, werden wir darin scheitern uns bewusst in eine Konfliktdynamik, eine bewusste Verstärkung von Krisen zu begeben, und umso länger werden wir nichts anderes als Aktivisten bleiben und daran scheitern die Notwendigkeit unserer Rolle als Aufständische anzunehmen.
Alles in bester Ordnung
Ich möchte versuchen tiefer zu gehen, der Essenz der Idee der „Polizei“ nachzuspüren und mir die Frage stellen, worauf wir uns eigentlich beziehen, wenn wir über „die Polizei“ reden, und zu entlarven, dass die „Polizei“ – nicht nur als der berühmte Bulle im Kopf – unsere Vorstellungen eines menschlichen Miteinanders so tief durchdrungen hat, dass auch eine Welt ohne Polizei in den allermeisten Fällen eine polizierte Welt sein wird.
THE LAW
Untertitel: zu deutsch: das recht, gesetz, rechtssystem, gericht, die bullen, vorschrift
Datum: ca. 2010
Quelle: Indymedia Schweiz (down) / https://law.arachnia.ch/index.php?option=com_content&view=article&id=315:die-libertaere-aktion-winterthur&catid=38&Itemid=101
dies ist eine kritik am flyer [1] „die libertäre aktion winterthur; deine ansprechpartnerin für anarchistische theorie und praxis“ (link: hier [2]). sie soll dazu anregen, die „anarchistischen“ strukturen, gruppierungen und ideologien zu hinterfragen und bereits vorhandene diskussionen zu vertiefen. diesem versuch spaltung vorzuwerfen, wiederspiegelt nur den kritisierten massenglauben und wiederholt die aufrechterhaltung des linken einheitsbreis, die der erhaltung des sozialen friedens dient. hier wird nicht behauptet, dass dieser text eine umfassende und kritikfreie analyse ist, falls so etwas überhaupt möglich sein sollte. es geht darum, neue gedankengänge zu provozieren und mit der vorherrschenden vagheit zu brechen.
die grundstruktur des genannten flyers ist fogende: die libertäre aktion winterthur (LAW) möchte eine ansprechpartnerin für an anarchistischer theorie und praxis interessierte darstellen. es wird klargestellt, wie auf dieses angebot zugegriffen werden kann und was dabei zu erwarten ist. zu diesem zweck wird versucht eine komplette theorie auf einem knapp zwei A4 seiten langen flyer darzulegen. zum abschluss wird die umsetzung der theorie in die praxis mit einigen wenigen beispielen in klaren grenzen gehalten.
die LAW scheint davon auszugehen, dass die menschen, die immerhin selbstständig genug denken können, um zu erkennen, dass sie sich mit anarchistischer theorie auseinandersetzen und diese auch ausleben wollen, noch stets einer starken führung bedürfen. eine überlegung, die uns nur allzu bekannt vorkommt. seien es die jetzigen zustände in der politik, die durch medien vorgefertigten meinungen (egal ob links oder rechts), die nur noch übernommen und als die eigenen vermarktet werden müssen, die ökonomischen strukturen oder die propagandierung reformistischer, sozialistischer, kommunistischer oder moralischer parolen - überall ist die idee der starken, bewussten, aufgeklärten, zivilisierten, bemittelteren, hierarchisch höher gestellten, die den schwachen, unbewussten, unaufgeklärten, unzivilisierten, minderbemittelten, unterdrückten zeigen wo‘s lang geht vorhanden. wer in dieser umgebung gross geworden ist, hat das freie, selbstbestimmte denken nie gelernt und es ist auch besser, es dabei zu belassen: nur so kann sicher gestellt werden, dass die revolution so verläuft, wie sich die aufgeklärten vorreiterinnen das vorstellen.
der gesamte text ist so geschrieben, dass er möglichst „die massen“ ansprechen soll und für diese einfach zu verarbeiten ist. ein beispiel ist die folgende textstelle: „selbstverständlich bevorzugen wir ein leben im relativen wohlstand in der schweiz, und auch wir sehen die vorteile, die eine so genannte demokratie gegenüber einer diktatur bietet.“ diese populistische und zugleich reformistische aussage kann nur so verstanden werden, dass jene menschen nicht abgeschreckt werden sollen, die zwar eine änderung wollen, aber es eigentlich auch ganz bequem finden, weiterhin von ihren privilegien zu profitieren. es wird nur die relativität des fortschritts, jedoch nicht sein vorhandensein an sich in frage gestellt. ein weiteres beispiel dafür: „auch werden die typischen probleme unserer heutigen gesellschaft -rassismus, und antisemitismus, sexismus und homophobie, konkurrenzdenken und krieg- ihrer ökonomischen grundlagen beraubt und damit realistischerweise aufhebbar.“ damit wird eine komplizierte realität auf eine oberflächliche kritik herunter gebrochen, um sie für alle zugänglich und konsumierbar zu machen. sich darauf einzulassen heisst einerseits, eine stark vereinfachte und somit zu kurz greifende systemkritik zu verbreiten. anderseits wird deutlich, dass durch das bereitstellen von einfachen „antworten“ die eigeninitiative zu einer tiefgründigen auseinandersetzung mit sich selbst, dem herrschenden und revolutionären perspektiven nicht angestrebt wird. die möglichkeit zur freien entfaltung und vereinigung von individuen wird nicht nur nicht in betracht gezogen, sondern für angeblich übergeordnete notwendigkeiten aufgeopfert. solche populistische, vereinfachte, ja sogar manipulative propaganda kann nur darauf ausgelegt sein, dass grundlegende veränderungen allein durch von avantgardistinnen geführte massen passieren sollen. in einer anarchistischen analyse, die schon durch den namen herrschaftsfrei zu sein hat, hat eine solche ansicht nichts verloren.
es gibt noch einige textstellen, die darauf hinweisen, dass die LAW sich als organisation „professioneller aktivistinnen“ sieht und diese position einer organisation auch nach der revolution als unumgehbar und notwendig empfindet: ein technischer fortschritt und möglichst gleichmässige aufteilung von unbeliebter arbeit wird forciert (duden: forcieren: etwas mit nachdruck betreiben, vorantreiben, beschleunigen, steigern. forciert: gewaltsam, erzwungen, gezwungen, unnatürlich); wir werden im „wahrhaft demokratischen wirtschaftsmodell“ leben; entscheide werden von unten nach oben stattfinden; jeder person wird ein möglichst hohes mass an entscheidungen über ihr alltägliches leben in der kommune eingeräumt; bei unzufriedenheit mit beschlüssen steht einem jederzeit die möglichkeit offen, die kommune zu verlassen. wie eine solche (über-)organisation aussehen sollte, wird auch gleich klargestellt: sie wird die verschiedenen kämpfe auf ein allseitig anwendbares ideologisches fundament stellen und eine gesamtheitliche strategie entwickeln, die sicher stellt, dass sich die taktiken nicht im widerspruch zur ideologie und zu sich selbst befinden. um hier noch die angestrebte machtposition und unantastbarkeit der organisation zu verbergen, hilft es auch nichts, wenn weiter hinten im text beteuert wird, dass diese strategie keine unbegrenzte gültigkeit hat und für eine herrschaftslose gesellschaft gekämpft wird. wiederlegt wird diese behauptung spätestens im nächsten abschnitt, in dem „die revolutionäre disziplin den assoziierten menschen verbietet, politische aktivitäten zu betreiben, die im widerspruch zur ideologischen oder strategischen linie der organisation stehen“. kann dies anders verstanden werden, als dass der organisation totaler gehorsam gehört und am besten auch keine fragen gestellt werden sollen? jeder weitere versuch, das eigene programm als anarchistisch darzustellen, scheitert kläglich bei der verwendung der begriffe föderaler aufbau, basis und mitglied, beim eingeständniss, dass die eigene meinung optimalerweise gerade noch dazu berechtigt ist, den endgültigen beschluss mitzuprägen und bei der unterscheidung von „intern“ und „extern“.