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[Bayern] Kamera und Mikro vor Wohnung gefunden

Am Freitag, den 25. November wurde vor einer Wohnung irgendwo in Bayern eine Audio- und Video-Überwachungsinstallation enttarnt. Die Abhörvorrichtung war an einem dort abgestellten Fahrrad entdeckt worden und daran mithilfe einer Werkzeugtasche unter dem Sattel (siehe Symbolbild) installiert. Die Abhörvorrichtung selbst bestand aus einer ca. 12 x 12 x 1,5 cm großen Haupteinheit (siehe technische Details), an die eine Kamera und ein Mikrofon angeschlossen waren, sowie ein ca. 25 x 5 x 4 cm Li-ionen Akku (16 Ah). Die ganze Installation war derart in der Satteltasche verborgen, sodass diese von außen nicht zu erkennen war. Lediglich die Kamera (max. ca. 1 x 1 x 1 cm mit einem Linsendurchmesser von max. 0,5 cm) wurde über ein winziges Loch an die Außenseite geführt und war auf den Eingang zur entsprechenden Wohnung gerichtet. Mit bloßem Auge war dies jedoch so dennoch unmöglich zu identifizieren.

Eine Werkzeugtasche zur Befestigung unter dem Fahrradsattel (Symbolbild)

Wenige Minuten nach Entfernung der Abhörvorrichtung wurde das Fahrrad von den mutmaßlichen Spionen abgeholt. Von der Abhörvorrichtung getätigte Aufnahmen wurden vermutlich mithilfe einer SIM-Karte über das Mobilfunknetz übertragen.

Aufbau und Montage der Abhöreinrichtung am Fahrrad lassen es zumindest als denkbar erscheinen, dass es sich hier um eine spontan einsetzbare Installation handelt, die in dieser Form auch kurzfristig und ohne große Vorlaufzeiten zum Einsatz kommen könnte. Tatsächlich vermarkten zahlreiche Anbieter von Überwachungstechnologie schon seit vielen Jahren entsprechende Installationen für den Einsatz in den Helm-Aufbewahrungsboxen von Motorrollern.

technische Details

Li-ion Battery Pack
3.7 V, 60 Wh, 16.0 Ah
Damit ergibt sich selbst bei angenommener permanenter Bild- und Tonübertragung eine Betriebszeit von gut einem bis möglicherweise sogar mehreren Tagen (Abhängig von Qualität und Kompression). Eine Übertragung, die entweder nur auf Anforderung und/oder nur bei Bewegung im Blickfeld der Kamera erfolgt könnte mit diesem Akku möglicherweise rein rechnerisch sogar über einen Zeitraum von mehr als einer Woche bis hin zu mehreren Wochen (je nach Aktivität im Beobachtungsfeld) möglich sein.

Haupteinheit
Anschlüsse/angeschlossene Geräte: Mikrofon, Kamera, Akku, GSM-Antenne
Steckplatz für SIM-Karte bestückt mit SIM von Telekom.

Die Übertragung der Daten scheint von der Haupteinheit mutmaßlich mithilfe eines Sierra Wireless Modems des Modells EM7565 zu erfolgen. Der GPS-Service des Modems war dabei auf der Platine nicht angeschlossen. Neben einer angesteckten GSM-Antenne steht auch eine intern verbaute 4G-Antenne (antenova SR4L002) zur Verfügung.

Auffällig ist besonders, dass sich der Hersteller der Haupteinheit augenscheinlich nicht durch üblicherweise aufgedruckte Logos zu erkennen geben will. Selbst im Innenleben der Einheit sucht man derlei Kennzeichen vergeblich und sogar einige der verbauten Chips tragen keine Bezeichnungen.

Auch wenn die Haupteinheit eine lokal fest verbaute Speichereinheit besitzt, und über eine micro-USB-Verbindung ausgelesen werden kann, sieht es so aus, als würden Daten möglichst in Echtzeit über das Mobilfunknetz übertragen werden. Das entsprechende Modul verspricht dabei Upload-Datenraten von bis zu 150 Mbps und arbeitet auf den LTE-Frequenzbändern B1, B2, B3, B4, B5, B7, B8, B9, B12, B13, B18, B19, B20, B26, B28, B29, B30, B32, B41, B42, B43, B46, B48 und B66.

Die Stromversorgung der Haupteinheit scheint vollständig vom angeschlossenen Akku abzuhängen. Eine interne Stromversorgung war nicht feststellbar.

Weitere Informationen und Bilder folgen.

Rom (Italien): Mikro in Wohnung von Gefährten entdeckt

Selbe Geschichte, selber Ort, selbes Ding. Entdeckung eines Mikros in einer Wohnung in Rom.

Jemand hat sich in das Haus geschlichen, in dem wir wohnen um dort ein Abhörmikro zu installieren, sicher in den Tagen rund um die Demo am 12. November in Rom in Solidarität mit Alfredo [Cospito] und den anderen gefangenen Gefährten im Hungerstreik. In der anhaltenden schlechten Interpretation von „Solidarität und Komplizenschaft“, die sich unter Anarchisten entwickelt, vielleicht mit einem gewissen Sinn für Ironie oder mit einer Ermittler-„Klarsicht“, die sie vielleicht ein kollektives Fasten vorhersehen ließ, haben die Eindringlinge wohl gedacht, dass der geeignetste Ort, an dem sie ihren Spion verstecken könnten, hinter dem Backofen in der Küche sei.

Vom Kabel des Backofens genährt, besaß er außerdem eine Batterie. Der Fall wird durch die Widerholung verschlimmert, da am selben Ort, über dasselbe Stromkabel, bereits vor einigen Monaten ein anderes Mikro gefunden worden war. Die Zeit vergeht, doch die Kontrolle bleibt.

Wir werden uns von den Aufmerksamkeiten nicht einschüchtern lassen, die uns einige Verantwortliche für die Einsperrung der revolutionären Gefangenen zukommen lassen.

Unsere Gedanken bleiben auf die Gefährten gerichtet, die sogar im Knast weiterhin kämpfen.
Ihnen gilt die Anerkennung, die Wut und die Liebe, die sie verdienen.

Marco und Sandro

Übersetzung der französischen Übersetzung von Sans Nom des italienischen Originals von Inferno Urbano vom 18. Novemer 2022.

Volxstrom – ein preiswerter weg zur energieversorgung der massen

– nur tote Fische schwimmen mit dem Strom –

Energie ist eine Ware. Energie kann man kaufen. Mars(ch) bringt verbrauchte Energie sofort zurück. Puhh, ich habe heute keine Energie mehr!

Wer hat sie verbraucht? Wohin ist sie entschwunden? Wo und für was setzen wir sie ein? Wer hat dann unsere Ware Energie verbraucht? Und wieviel müssen wir bezahlen, um wieder neue zu bekommen?

„Energie ist die Fähigkeit eines Körpers, Arbeit zu verrichten“ steht als oberster Leitsatz in jedem Physikbuch seit Newton. Energie ohne Arbeit ist für das Kapital inexistent oder blödsinnige Verschwendung. Mutter Natur mit ihren unerschöpflichen Energiepotentialen (Wind, Feuer, Wasser, Sonne) hat für es nur dann einen Wert, wenn es sich in Kapital verwandeln läßt. So auch die menschliche Energie: sie wird nur dann be- und verwertet, wenn sie sich in Arbeit zwecks Kapitalanhäufung umwandeln läßt.

Eine Energiekriese entsteht immer dann, wenn eben die vom Kapital bestimmten Körper sich weigern, ihre Energie für den Arbeitsprozeß zur Verfügung zu stellen! Noch einfacher ausgedrückt: wenn die Arbeitsscheu der arbeitenden Klasse zunimmt. Und jedesmal, wenn das passiert, gerät das Kapital in Panik und überlegt sich, wie es diese verschwenderisch vor sich hinschlummernde oder gegen es gerichtete Energie wieder für sich verfügbar machen kann. Diesen Energieumwandlungsprozeß nennt man KLASSENKAMPF!

Aber auch die durch Zwang in Arbeit umgewandelte Energie, die sich durch den Produktionsverlauf der Geschichte in ein Heer von Maschinenparks verwandelt hat, hat nur dann einen Wert, wenn sie ständig mit unserer Energie vermischt und angereichert wird, wenn die menschliche Ware Arbeitsenergie hinzugeführt wird, um Autos, Panzer, Valium, Dioxyn, Microprozessoren, Filme und Informationen herzustellen.

So ist die Gegenwart von einer ungeheuren Energieverschwendung gekennzeichnet: dort, wo Wälder für die Bildzeitung abgeholzt werden, bis hin zur Automobilindustrie, die das Waldsterben beschleunigt, da, wo Massenvernichtungsmittel produziert und Nahrungsmittel vernichtet werden, weil die Energiekosten zur Lagerung zu hoch sind (Butterberg), während in der drittklassig gehaltenen Welt die Menschen nur so krepieren. Mit der „Öl-Energie-Krise“ läutete die HERRschende Klasse die „mageren Jahre“ des Konsumverzichtes und des erneuten Arbeitszwanges ein. Kohl propagierte so als Sprecher der immer fetter werdenden Krisen-Kriegs-Wirtschaft: „Wir müssen alle den Gürtel enger schnallen!“

Unser Interesse ist es deshalb, die HERRschende Klasse zur Abmagerungskur zu zwingen!

Wir proklamieren das Recht auf kriminelle Energie und sind Energie an und für sich: als trügerische Energieimpulsträger bluffen wir, spielen wir, wollen wir unsere Lust ausleben. Während das Kapital uns und unseren Antagonismus verzweifelt mit Tele-Objektiv sucht und zu behandeln trachtet, gebrauchen wir Einzelatome das Weitwinkel-Subjektiv, gehen molekulare Verbindungen ein und sind in unserem Element, wenn wir uns so bewegen, daß sich diese Energie nicht mehr in Arbeit umwandeln läßt!

Während wir Lustwandeln und der produktiven Tätigkeit des Müßigganges nachgehen, erscheinen uns geisterhaft-ausgezehrte Gestalten, die ihre Seele bereits verkauft, ihre Herzen durch Herzschrittmacher ersetzt und ihre Hirne durch Computer ausgetauscht haben. Ihre lustvolle Lebensenergie scheint verpufft und sie wirken, wie Kurzurlauber aus Mme. Toussaults Wachsfigurenkabinett: vom Ernst des „Lebens“ gezeichnete Gesichter, mechanisch sich bewegende Spaziergänger, verbissene Sportler und keuchende Wochenend-Jogger. Sie wollen sich wieder fit machen, „Energie auftanken“, während ihre Reproduktion doch nur dazu dient, daß sie umso schneller im Schmelztiegel landen. Auch die Kids haben den Ernst des „Lebens“ schnell kapiert und überholen ihre Eltern innerhalb der Vergreisung spätestens beim Eintritt in das Schulsystem.

Energie ist ganz konkret nachfüllbar, wo wir sie hergeben müssen und wenn wir nicht mehr wissen, wie wir wieder neue bekommen können. Lustlosigkeit und Langeweile scheinen uns dann zu ersticken – aber sie wirkt verdammt abstrakt, wo sie gesellschaftlich ausgebeutet wird. Nur wenn wir genauer hinschauen, dann erkennen wir, daß sie fast nur noch in irgendwelche Schrottproduktion einfließt, die wir auch noch konsumieren sollen!

Entschwunden ist jedoch überall die Sicherheit über die Verfügbarkeit der Energie auf beiden Seiten. Die Kontrolle über unsere Energie nimmt gewaltig zu und der Zwang zur Arbeit wird gewalttätig forciert. Unsere kleine „Energiekrise“ entsteht durch Sperre des Arbeitslosengeldes, Verteuerung der Mieten, Kürzung des BaföG, Anhebung der Lebensmittelpreise und der Weigerung der Ärzte, uns weiterhin gesund zu schreiben. Dann nämlich werden wir wieder oder verstärkt dazu gezwungen, unsere lustvolle, lebendige Energie dem Kapital zum Aussaugen feilzubieten – um daraus wieder das „Recht“ auf Wohnen, Essen, Atmen, Musik hören und Lesen finanzieren zu können. Alle unsere existenziellsten menschlichen Bedürfnisse wurden in Warenform gepreßt, um sie durchzukapitalisieren und uns unter das Kommando eines immer barbarischer werdenden Systems zu pressen!

Als Strategie empfehlen wir deshalb den „Spieß einfach umzudrehen“. Nichts ist einfacher als das! Wenn das System uns die Energie klaut, nur um damit immer mehr an Schrott zu produzieren, eignen wir uns lieber die Energie des Systems an und verweigern uns dem Schrott! Wir brauchen dann weniger zu arbeiten und können uns viel besser darauf vorbereiten, Geschichte zu machen, uns den wichtigen Dingen der Vor-Geschichte widmen und uns mit viel Spaß an die Revolutionisierung unseres Alltags machen!

FAVORIT DIESER ENERGIE-DEBATTE IST DER STROM-KLAU!

Er ist sauber, preiswert und massenhaft zu praktizieren! Wir brauchen im Winter nicht zu frieren, ärgern uns weniger über die ständige Benutzung unserer Waschmaschine durch Bekannte und freuen uns über die saftige Nachzahlung nach der Jahres-End-Ablesung.

Wer sich noch nicht recht traut und seinen Fuß keinen Zentimeter vom Boden der FDGO („freiheitlich-Demokratische-Grund-Ordnung“) abheben will, um ihn in den SILU (Sumpf illegaler Lust-Unordnung) zu tauchen, sollte sich noch ein wenig mit der kriminellen Energie unseres Gegners beschäftigen. Wer jedoch schon angetörnt ist, sollte sich sogleich an die Praxis begeben – und den praktischen Teil studieren. Nach der Aneignung könnt ihr Euch ja noch genüßlich die Klugschnackerei über den Energiesektor reinziehen, denn es gilt: geklauter Sekt schmeckt besser, wie gekaufter und bei entwendetem Strom liest es sich genüßlicher, wie bei bezahltem!

Entnommen aus aktuellem Anlass der gleichnamigen und in die Jahre gekommenen, aber nichtsdestotrotz topaktuellen Broschüre. Diese kann HIER heruntergeladen werden.

Aufruf: Tage der internationalen Solidarität mit Deserteuren

Der Krieg in der Ukraine setzt sich mit all seinen negativen Auswirkungen auf große Teile der Welt fort. Nichtsdestotrotz gehen auch die Akte der Desertation und Fahnenflucht weiter, die, wenn sie sich verbeiten, ein Ende des Krieges herbeiführen könnten. Anarchist*innen aus Zentraleuropa veröffentlichen deshalb diesen Aufruf zur Organisierung von aktiver Unterstützung von Deserteuren. Wo wir auch leben, lasst uns jeden Tag zu einem Tag der internationalen Solidarität der Arbeiterklasse und des Widerstands gegen den Krieg machen. Lasst uns uns am Arbeitsplatz, in den Schulen und auf den Straßen organisieren, um den Einfluss von Desertationen zu stärken. Lasst uns für würdige Lebensbedingungen aller kämpfen, die sich weigern zu Kanonenfutter im zwischen-imperialistischen Krieg zu werden.

Mindestens 200.000 Menschen fliehen aus Russland, um Putins militärischer Mobilmachung zu entrinnen und zehntausend weitere versuchen, die Mobilisierung in der Ukraine zu vermeiden. Nichtsdestotrotz gibt es einige Stimmen, die behaupten, dass „die Zahl der Deserteure so vernachlässigbar ist dass es seltsam wäre, überhaupt darüber zu reden.“ Diesen zynischen Versuche Menschen „unsichtbar zu machen“, die sich dazu entscheiden, nicht in der Armee zu dienen, sich abzusetzen oder aus politischen Gründen zu emigrieren, muss etwas entgegengesetzt werden. Ihre Stimmen müssen vernommen werden und sie müssen praktisch unterstützt werden.

Anti-Kriegsreden haben bislang nicht die subversive Kraft, die sie brauchen, um den Krieg zu stoppen. Daher ist es nötig Bedingungen zu schaffen, die es anderen Menschen leichter machen, über eine Desertation nachzudenken und diese Reflektion schließlich in die Tat umzusetzen. Es geht nicht darum, sich zwischen die Frontlinien aus Panzern der beiden Armeen zu stellen und zu glauben, dass das dazu führen würde, dass die Soldat*innen ihre Waffen niederlegen würden. Es geht darum, auf einer internationalen Ebene jene Bedingungen zu erreichen, die sicherstellen, dass Deserteure sicher desertieren können und in einem anderen Land leben können, ohne das Risiko von Verfolgung und sozialer Stigmatisierung eingehen zu müssen.

Gegenwärtig können Gegner*innen des Krieges aus Russland und der Ukraine beinahe nirgendwo hin gehen. Sie sind von ihren „eigenen“ Regierungen zwischen den nationalen Grenzen gefangen, während sich benachbarte Länder weigern, sie aufzunehmen und ihnen angemessene materielle Lebensumstände zu ermöglichen. Wenn die Wahl der Menschen darauf beschränkt bleibt, „entweder gezwungen zu werden, in der Armee zu dienen oder verfolgt zu werden“, können wir kaum einen Anstieg hinsichtlich der Deserteure erwarten. Es ist notwendig die Öffnung der Grenzen nicht nur für zivile Flüchtlinge zu erwirken, sondern auch für die Deserteure der Armeen beider Seiten der Frontlinie. Genau das ist es, was die Dynamiken des Krieges entscheidend zu schwächen vermag.

Allerdings wird dies niemals durch Verhandlungen mit den verschiedenen Regierungen erreicht werden, die bloß die lokalen Handlanger*innen des weltweiten kapitalistischen Staates sind und genausowenig wird dies von einem sozialdemokratischen Aufruf erreicht werden „Zugeständnisse im Bereich der Migrationspolitik zu machen“. Unsere einzigen Waffen als Proletarier*innen im Klassenkampf sind die Mobilisierung auf den Straßen, die Sabotage der Wirtschaft und die direkte Aktion gegen den anhaltenden Krieg … Dann, und nur dann, lässt sich die verängstigte herrschende Klasse dazu zwingen, nachzugeben, was für uns niemals ein Ziel des Kampfes ausmachen wird, sondern bloß eine Gelegenheit, aus der neue Angriffe gegen diese ganze Welt des Elends und Krieges gestartet werden müssen …

Schließlich sind die Proklamationen von Politiker*innen, die die Aggressionen der russischen Armee kritisieren ein Ausdruck der Heuchelei, da sie sich weigern die materiellen Bedingungen und Ressourcen zu schaffen, die die Menschen benötigen, die sich weigern, in der Armee zu dienen. Und ganz nebenbei bemerkt, wie und warum solten sie als geschätzte Repräsentant*innen der bourgeoisen Ordnung auch anders handeln!? Es ist notwendig, beständig gegen Putins Angriffe zu stehen, ebenso wie gegen die Staatsmänner anderer Länder, die es der Armee durch ihre eigene Politik erlauben, ihr Kriegspotenzial zu wahren. Es sind die Regierungen der Länder in denen wir leben, die es effektiv erschweren zu desertieren und die dadurch zur Fortsetzung des Krieges beitragen.

Diejenigen, denen es darum geht, Leben zu retten, sollten darüber nachdenken, wie sich die Kampffähigkeit der Armeen schwächen lässt, wie sich Soldat*innen von den Frontlinien abziehen lassen, wie sie dazu gebracht/es ihnen ermöglicht werden kann, nicht zu gehorchen, wie sie dazu motiviert werden können, ihre Waffen gegen jene zu richten, die sie zwingen, in den Krieg zu ziehen. Lasst uns darüber nachdenken und direkte Aktionen organisieren, die diese Überlegungen in konkrete Resultate zu verwandeln mögen.

Einige Anarchist*innen aus Zentraleuropa (November 2022)

via https://antimilitarismus.noblogs.org/post/2022/09/12/appeal-days-of-international-solidarity-with-deserters/

6 Tage Frevelei! Veranstaltungswoche und Auszug der anarchistischen Bibliothek Frevel

Vom 15. bis zum 20 November findet eine Veranstaltungswoche in der anarchistischen Bibliothek Frevel statt! 6 Tage voller Frevelei, 6 Tage voller Gottlosigkeit, Diskussionen, Lesungen, Essen, Musik, Buchvorstellungen etc. Nach sechseinhalb frevelhaften Jahren der anarchistischen Bibliothek müssen wir unfreiwillig ausziehen. Wegen den Drecksbullen. Deswegen kommt in der Zenettistr. 27 vorbei: Vom 15.-20. November (die Tage wurden um einen Tag verlängert.)

Was kommt danach? Wer weiß… jetzt ersteinmal sechs Tage heißer Scheiß.

Mehr Infos auf: frevel.noblogs.org

Das Programm der Veranstaltungswoche:

DIENSTAG 15. November

19:00 Uhr: In einer Welt der Ruinen. Gespräche von indigener Anarchie Buchpräsentation & Diskussion

KLAPPENTEXT:            «Wir erahnen die tiefere Erforschung von Indigenem Anarchismus in zwei Richtungen gehend: Ein Weg wird der Weg der aktivistischen Wissenschaftler:innen sein (sowohl Indigene als auch Siedler:innen), aus einer anthropologischen und philosophischen Perspektive, die in absolut keiner Verbindung mit denjenigen steht, die sich in der Nähe der Feuer der Autonomie in unseren Ländern befinden (und dies ist der Weg, den wir ganz klar ablehnen). Der andere Weg wird schwierig, kühn, heftig, experimentell und voller Widersprüche sein. Er wird im Rauch um die Feuer herum geteilt werden, die Träume sprechen. Er wird zwischen dem Stilllegen von Pipelines, dem Einschlagen von Firmenfensterscheiben und Zeremonien gefunden werden. Er wird sich in Hooghans und auf Wohnwagenplätzen finden. Er wird etwas sein, das sich mit seinem ganzen Wesen weigert, festgelegt zu werden, in die Gemeinde des Erfassbaren getrieben zu werden, um eine Erweiterung der kolonialen Ordnung von Ideen und Existenz zu sein. Er wird sich selbst unfassbar machen. In diesem Sinne bieten wir die folgenden Provokationen, Behauptungen, Gedanken und Fragen an, nicht als Schlussfolgerung, sondern als Einladung, diese Diskussion weiterzuführen, wenn wir uns als Indigene Menschen, die auch Anarchist:innen sind, orientieren wollen.» (Unfassbar: Gegen eine Indigene Anarchistische Theorie von Klee Benally, Ya’iishjááshch’ilí)


MITTWOCH 16. November

15:00 Uhr: Qubes. An intro to the security-focused operating system

This presentation will provide an overview and tour of the highly secure Linux-based QubesOS operating system and why it should be of interest to anarchists. QubesOS is a unique operating system based on a collection of isolated ‘virtual machines’, with a variety of structural differences from typical operating systems like MacOS, Windows and Linux. It is designed to protect the user from a large range of possible attacks and provide built in tools for privacy and anonymity. We will introduce the concepts and structure behind QubesOS, explain how it is different from projects like Tails, explore how it can apply to different threat models, go over how to install and use QubesOS yourself, and answer any other questions you may have!

19:00 Uhr: Isolationshaftregime 41-bis in Italien. Input und Diskussion

Seit dem 20. Oktober hat der Anarchist Alfredo Cospito einen unbefristeten Hungerstreik begonnen.  Momentan sitzt er im Isolationhaftregime 41bis im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses von Bancali auf Sardinien. Er ist dort seit dem 5. Mai und durch seinen Hungerstreik will er zumindest erkämpfen aus dem 41bis zu kommen. Das 41bis bedeutet 23 Stunden Einschluss am Tag, 24 Stunden Videoüberwachung, sowohl in der Zelle als auch auf dem Klo, 1 Stunde Besuchszeit im Monat und noch mehr. Der Gefangene soll nicht nur wegen seiner Taten bestraft werden, sondern körperlich und seelisch zerstört werden. Die Chancen jemals aus diesem Regime rauszukommen sind sehr gering. In Solidarität mit ihm sind mittelerweile auch weitere anarchistische Gefangene in den Hungerstreik gegangen: Anna, Ivan und Juan. Warum wurde der 41bis speziell bei Alfredo angewendet? Was bedeutete dieses Haftregime?
Wir wollen versuchen so weit wie möglich über Alfredo´s Zustand und den der anderen Gefährt:innen zu berichten, aber auch über die Solidarität die sie gerade erfahren und wie die anarchistische Bewegung in Italien damit umgeht.
Was können wir machen und wie verhalten wir uns wenn der Staat uns lebendig begraben will und letztendlich töten will?

Wer schonmal Lust hat mehr darüber zu lesen kann dies hier tun:
Wir werden den Mord an Alfredo Cospito nicht zulassen – Aufruf zur
internationalen Mobilisierung https://de.indymedia.org/node/235179


DONNERSTAG 17. November

19:00 Uhr: Frauen bildet Banden. Filmscreening und Diskussion

Der Film Frauen bildet Banden – Eine Spurensuche zur Geschichte der Roten Zora erzählt anhand von Interviews mit zwei Mitgliedern der Gruppe sowie Angehörigen der damaligen Frauenbewegung vom antipatriarchalen Kampf und versucht die Rote Zora ins Verhältnis zur damaligen Bewegung zu setzen. Wir wollen anhand des Filmes darüber diskutieren, was sich aus der Geschichte der Roten Zora, ihren Erfolgen und ihren Misserfolgen für heutige antipatriarchale Kämpfe lernen lässt, gerade in Anbetracht der Tatsache, dass sich kaum von einer Bewegung rund um diese Kämpfe sprechen lässt.


FREITAG 18. November

15:00 Uhr: Verfolgung anarchistischer Ideen und Publikationen. Diskussion

Was bedeutet diese Repression gegen anarchistische Publikationen und Ideen für uns? Wie können wir einen offensiven Umgang mit staatlicher Repression finden, wenn der Staat versucht, die offene Artikulation anarchistischer Inhalte zu verfolgen? An welche Erfahrungen können wir anknüpfen, wenn es potentiell zur Straftat wird, Zeitungen zu schreiben, zu drucken und zu verteilen?

19:00 Uhr: 22 Jahre Knast. Lesung von Dimitri Todorov

Dimitri wird aus seiner Autobiographie “22 Jahre Knast” und
unveröffentlichten Kurzgeschichten vorlesen.


SAMSTAG 19. November

19:30 Uhr: Zensur und Verbot. Vorleseabend
Treffen wir uns, um uns aus verschiedenen Büchern und Texten vorzulesen, über diese zu sprechen – egal aus welchem Grund sie uns begeistern, sie uns zum Lachen oder zum Nachdenken bringen, sie unsere Wut bestärken oder uns vor neue Fragen stellen.
An diesem Abend wollen wir Texte lesen, welche zum Thema Zensur und Verbot passen. Bringt eigene Texte mit!


SONNTAG 20. November

13:00 Uhr: Zerstören wir den Leviathan! – Über die Unvereinbarkeit von Anarchie und Zivilisation Vortrag und Diskussion

Sie verunstalten die Erde mit ihren Konstruktionen und ihrem Abfall. Diese Nation ist wie ein Strom geschmolzenen Schnees, der sein Bett verlässt und alles auf seinem Weg zerstört.”
Die Zerstörung der Erde schreitet immer weiter voran. Tag für Tag, Jahr für Jahr, wird Fläche um Fläche zubetoniert, die Erde aufgerissen, Flüsse und Gewässer vergiftet, Wüste um Wüste geschaffen. Während tagtäglich und das auch vor unseren Augen die lebendige Welt in eine tote verwandelt wird, haben die Mächtigen einen Propagandasturm entfesselt, der das Massaker an Erde und Lebewesen auf die „Klimafrage“ reduziert und einen „grünen“ Kapitalismus bewirbt. Dabei soll die Energie, die zum Betreiben des gigantischen Apparats, in dem wir heute leben, vonnöten ist, von fossilen Brennstoffen auf „erneuerbare Energien“ umgestellt werden.

Etwas an dem sich auch viele antikapitalistisch eingestellter Menschen nicht stoßen, solange diese „erneuerbare Energie“ für eine Produktion eingesetzt wird, die den Menschen vermeintlich nützt. Während sie also technologische Lösungen für ein technologisch verursachtes Problem vorschlagen, während sie Autos verdammen und Züge als die vermeintlich „ökologischere“ Alternative preisen, während sie Windräder und Solarpanels bewerben, beteiligen sich diejenigen, die die Produktionsmittel an sich reißen wollen, um diese wahrhaft zum Wohle der Menschheit einzusetzen, weiter am Massaker an der lebendigen Welt. Denn ob („grüner“) Kapitalismus, (Öko-)Faschismus, oder (Anarcho-)Kommunismus (oder einer seiner vielen Spielarten), sie alle eint das Festhalten an der industriellen Produktion, an einem Verhältnis zur Natur, zu dessen Kreislauf sie sich nicht zugehörig fühlen, am Kolonialismus und am Extraktivismus, kurz an der Zivilisation.

Und so können sie sich nur darüber wundern, dass etwa die wenigen Nachfahren der durch die europäischen Kolonisatoren abgeschlachteten Indigenen auf dem chilenisch besetzten Gebiet den Bau von Wasserkraftwerken sabotieren und die Forstwirtschaft angreifen. Dass Individuen in der französischen Kolonie Neukaledonien die Förderbänder der so sehr für die „Dekarbonisierung“ benötigten Nickel- und Kobalt-Minen abfackeln. Dass in Frankreich Umspannwerke und Windräder brennen. Rückständigkeit und die „Verklärung überkommener Lebensweisen“? Oder die notwendige Einbeziehung der Kritik indigener Menschen an Kolonialismus und Zivilisation in eine anarchistische Analyse?

An diesem Nachmittag wollen wir die klassische anarchistische Kritik an Herrschaft, Staat und Kapital erweitern, um anschließend mit euch in Diskussion zu treten, über Zivilisation, Kolonialismus und industrielle Produktion, und was man angesichts der Megamaschine, mit der wir konfrontiert sind, tun kann.

17:00 Uhr: Reflexion über anarchistische Räume und die Bibliothek Frevel. Input & Diskussion

20:00 Uhr: “Der Überfall”, eine mörderische Geschichte aus dem Münchner Schlachthofviertel der 20er Jahre.


WICHTIG: Wir schließen nach dem 20. November 2022!

Bitte bringt eure ausgeliehenen Bücher bis dahin zurück oder nehmt Kontakt zu uns auf, wenn euch das nicht möglich ist. Weitere Informationen zu den Gründen, warum wir schließen müssen:

https://frevel.noblogs.org/kundigung-unserer-raumlichkeiten-auf-druck-der-bullen/

Leider können wir über die Adresse in der Zenettistr. 27 ab Dezember auch keine Post mehr erhalten, also erkundigt euch bei uns über etwaige Alternativen.

KANAILLE – Beiträge für die Umwälzung aller Verhältnisse – NR.6

Die sechste Ausgabe der „KANAILLE – Beiträge für die Umwälzung aller Verhältnisse“ ist erschienen. Erhältlich in Berlin in ausgewählten Spätis, Cafes und Kneipen, Infoläden, in der Anarchistischen Bibliothek und manchen Buchläden. Ältere Ausgaben gibt es auch online unter kanaille.noblogs.org.

Inhalt:

  • Muss die Krise zur Katastrophe werden?
  • Sozialstaatliche Entlastungen – oder Wie die Politik versucht, in der Krise die Kontrolle zu behalten
  • Die Krise aller Krisen – Energieknappheit und das Ende unserer Zivilisation
  • Weder Rechts noch Links – wir wählen die Revolte
  • Rezension zu „Katastrophismus, Desasterverwaltung und nachhaltige Knechtschaft“
  • „Zögern heißt Tod“ – Wie die deutsche Klimabewegung daran arbeitet, die Welt zu retten
  • Müntzer und der neuzeitliche grüne koloniale Ablasshandel
  • Sie nennen es Fortschritt
  • You will find me if you want me in the garden
  • Gegen jeden Nationalismus
  • Die anarchistische Internationale und der Krieg
  • Die Schildkröte im Netz aus gequirlter Scheiße und Ödnis
  • Inflation leicht erklärt. Die oder das Bö(r)se

 

Apocalypse now!“ scheint das Leitmotiv einer Epoche zu werden, die sich materiell auf Umstrukturierungen von gigantischem Ausmaß zubewegt. Die klammheimliche Lust am Weltuntergang wird zur metropolenspezifischen Reaktion auf eine neue Ära voller unerträglicher Widersprüche, die nur Vorboten jener Umwälzungen sind. Schon einmal − während der 20er Jahre − erwies sich, was als „Untergang des Abendlandes“ interpretiert und erlebt wurde, als globale Krise der Kapitalakkumulation, die bekanntlich nicht das Ende der Welt, wohl aber einen weiteren Abschnitt kapitalistischer Entwicklung einleitete, an deren Ausgangspunkt Faschismus und ein verheerender Krieg standen.

Diese Zeilen schrieben die Revolutionären Zellen 1983 in einem Beitrag unter dem Titel „Krieg − Krise − Friedensbewegung. In Gefahr und höchster Not bringt der Mittelweg den Tod“, der kürzlich aufgrund der aktuellen Weltlage wieder aus den Archiven gekramt und herumgereicht wurde. Unschwer sind darin einige Parallelen zur heutigen Situation zu erkennen und erschreckend vieles hat auch 40 Jahre später kaum was an Aktualität eingebüßt.

Der Zeitgeist ist in Anbetracht von Corona, Umweltkatastrophen, Kriegen und Inflation auf jeden Fall wieder voll auf Endzeitstimmung getrimmt. Ein Phänomen, dem durch die Flut an Katastrophenmeldungen, die über unsere Bildschirme flimmern, nur schwer zu entkommen ist. Das wissen auch die Regierungen für sich zu nutzen. Die Kunst der Katastrophenverwaltung ist für sie eine unverzichtbare Disziplin in Sachen Herrschaftssicherung. Eine Rezension in dieser Zeitung beschäftigt sich genau damit.

Der Kapitalismus befindet sich durch die Digitalisierung der Wirtschaft und der Modernisierung der Arbeitsmärkte, wie schon oft in krisenbehafteten Zeiten, mitten in einem Umstruktrurierungsprozess mit erheblicher Tragweite. Die Inflation als Folge von Krieg, Lieferengpässen, Ressourcenknappheit und Spekulationen an der Börse leitet gerade die nächste globale Finanz- und Wirtschaftkrise ein, deren Folgen noch nicht abzuschätzen sind. Dafür hat die Rüstungsindustrie mit 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr wieder Hochkonjunktur, und mit ihr auch der nationale Taumel, der schon immer mit der Kriegstreiberei einher ging. Zwar in neuem Gewand, aber mit altbekannten Parolen, klopft vielerorts der Faschismus wieder an die Tür, oder sitzt sogar schon fest im Sattel der Macht. Wie zuletzt die Wahlen in Italien zeigten. Unsere Antwort darauf kann nur „Gegen jeden Nationalismus“ heißen. Diesen Zusammenhängen wird in dem gleichnamigen Text nachgegangen.

Da wir bekanntlich immer am Puls der Zeit sind, steht diese Ausgabe der Kanaille also ganz im Zeichen der Krise. Dabei wollen wir uns aber nicht auf einen Krisendiskurs einlassen, wie er derzeit in der öffentlichen Debatte vorherrscht. Diese Zeilen verfolgen nicht das geringste Interesse zur Schadensbegrenzung beizutragen. Das wäre heuchlerisch. Umso mehr sind wir aber der festen Überzeugung, dass die Zerstörung des Bestehenden und die Umwälzung aller Verhältnisse unausweichlich sind, um den Weg frei zu machen und mit dem Leben zu experimentieren. Wie auch immer dies aussehen mag. Der Text „You will find me in the garden“ kann im Kleinen vielleicht Inspiration dafür sein, was sich im Hier und Jetzt für Möglichkeiten dazu bieten.

Es wäre falsch, mit Blick auf das Krisengeschehen allein auf die Verantwortlichen der aktuellen Misere zu zielen. Genauso von Bedeutung für das Überleben des Systems sind seine falschen Kritiker*innen, die schon heute unermüdlich daran arbeiten, sich einen Platz in der Politik von morgen zu sichern. Ein Blick auf die Klimabewegung kann hierbei sehr aufschlussreich sein, wie dem Text „Zögern heißt Tod“ zu entnehmen ist. Während Fridays for Future noch immer an Demonstrationen für eine bessere Zukunft festhält und trotz Weltuntergangsstimmung noch nicht von einem Revival des Punks und seinem etwas weniger optimistischen „No Future“ abgelöst wurde, sind die klimabewegten Schwesterorganisationen schon einen Schritt weiter und praktizieren den Zivilen Ungehorsam unter wesentlich dramatischeren Titeln wie „Letzte Generation“ oder „Aufstand gegen das Aussterben“.

Und wenn wir schon dabei sind; auch eine andere Parole der Punks hat in einer mindestens genau so dramatischen Inszenierung seine Gültigkeit nun eingebüßt: „God shave the Queen“ − Königin Elisabeth ist tot. Auch wenn wir nicht auf dem aktuellen Stand sind, was die Trends von Frisuren angeht, halten wir es hier ganz mit den antikolonialen Beileidsbekundungen, die nach ihrem Ableben das Internet fluteten: Fuck the Queen und die Kings natürlich gleich mit! Diesem Kapitel der Weltgeschichte haben wir jedoch aus Rücksicht auf unsere Leser*innenschaft keinen eigenen Text gewidmet. Apropos Queen, Im Gegensatz zu ihr ist der Kolonialismus nicht tot zu kriegen. Vielmehr findet dieser anhand aktueller Verteilungskämpfe um natürliche Ressourcen und Energiequellen seine tödliche Fortsetzung mit grünen Anstrich. Auch dies ein Thema dem wir mit dem Text „Müntzer und der neuzeitliche grüne koloniale Ablasshandel“ unsere Aufmerksamkeit schenken wollen.

Ganz grundsätzlich stellt sich natürlich auch die Frage nach dem wie weiter. Überall sind vermeintlich schlaue Vorschläge zu vernehmen um die Folgen einer Krise abzufedern. Diese richten sich vor Allem an die Politik, deren Aufgabe aber gerade darin besteht, das Desaster zu verwalten um den kapitalistischen Normalbetrieb am Laufen zu halten. Kaum wer ist bereit, die Ursachen die dem Ganzen zu Grunde liegen, in aller Konsequenz in Frage zu stellen und als solche zu bekämpfen. Das aus gutem Grund. Denn es würde bedeuten mit dem Narrativ des Fortschritts ein für alle mal zu brechen. Hierzu gibt es einige Gedanken entlang aktuellen technologischer Entwicklungen, die zeigen sollen, dass das Festhalten am westlichen Fortschrittsdenken nur immer tiefer in eine Abhängigkeitsspirale führt.

In dem Beitrag „Die Krise der Krisen“ gibt es dann weiterführende Analysen zur der Frage der Energie, welche, wie kein anderes Thema seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine, zum Inbegriff der Krise wurde und uns gleichzeitig in aller Deutlichkeit die Doppelmoral der Herrschenden vor Augen führt. Die Russen sind böse, zumindest das ist soweit sicher. Ansonsten scheint mal wieder der individuelle Verzicht die Gunst der Stunde zu sein. Wie uns der Waschlappen himself, Robert Habeck, mit seinen jämmerlichen Spartipps weismachen will. Zur Befriedung des Gemüts gibt es dann kleine Häppchen à la 9-Euro-Ticket und allerlei Prämien um davon abzulenken, dass viele schon bald tief in der Schuldenfalle stecken werden, oder noch schlimmer. Der Text „Entlastung in der Krise, oder wie die Politik versucht in der Krise die Kontrolle zu behalten“ entlarvt diese Strategie der Ampelkoalition.

Aber worin besteht eigentlich der Zusammenhang von Inflation und Krieg. Es lohnt sich durchaus etwas genauer hin zuschauen, als blindlings den Erklärungen der Regierung zu glauben. Das tun wir mit der Frage: “Die oder das Bö(r)se?“ Denn die aktuellen Preissteigerungen sind viel eher auf Spekulationen an den Finanzmärkten zurück zu führen, als dass es eine tatsächliche Knappheit an Rohstoffen gäbe. Das Ergebnis bleibt aber dasselbe. Die Armen zahlen drauf während die Reichen weiter Gewinne einstreichen. Btw, der Lidl Gründer Dieter Schwarz ist aktuell der reichste Deutsche. Dieser Fakt sollte auch die letzten Unentschlossenen von einem schlechten Gewissen befreien, um sich mal schön auf seinen Nacken die Taschen zu füllen. Der organisierte Ladendiebstahl, wie das von manchen auch schon vorbildlich praktiziert wurde, bietet sich sowieso an, um die Umverteilung von oben nach unten selbst in die Hand zu nehmen und sich von staatlichen Almosen ein Stück weit unabhängiger zu machen.

Währenddessen tönt Brechmittel-Olaf „You never walk alone“ aus dem Kanzleramt und man wundert sich wie das genau aussehen soll. Die Vorstellung jedenfalls, dass der Bundeskanzler im Namen der guten Sache fröstelnd in seiner Luxusvilla am Stadtrand sitzt, erscheint äußerst unwahrscheinlich. Ist es wohl auch. Aber hey, jetzt wo die Regierung im Namen von Demokratie und Menschenrechte politisch korrekt mit Aserbaidschan und Katar neue Gas-Verträge anstrebt, ist das ja auch gar nicht mehr nötig. Was soll da schon schief gehen. Wer sich eine Fußballweltmeisterschaft erkaufen kann, wird schon nicht verkehrt sein. Vergessen sind die tausenden migrantischen Arbeitssklav*innen die sich auf den Baustellen Katars für die FIFA zu Tode schufteten. Für wie dumm halten die uns eigentlich…? Wobei, hört man sich um, stimmen erschreckend viele in den Kanon von Regierung und Massenmedien mit ein. Die moralische Erpressung funktioniert erneut, und die Herrschenden machen sich die genau gleichen Reflexe zu nutzen, die schon bei den Corona-Maßnahmen angesteuert wurden. Wer drauf reinfällt, ist selber schuld…

Für alle anderen, die wie wir, den von der Bundesregierung angekündigten Wutwinter kaum erwarten können und schon gierig Benzinkanister und leere Weinflaschen im Keller preppern, lohnt es sich ein paar Gedanken über Möglichkeiten und Perspektiven von Protesten zu machen. Wie kommt es, dass sich heute so viele positiv auf Volk und Nation beziehen, während gleichzeitig kaum noch ein Klassenbewusstsein zu erkennen ist? Die Welt hat sich verändert und es ist an der Zeit, die Logik der Politik hinter sich zu lassen. Eine Einordnung von Konstellationen auf der Straße nach einem klassischen links/rechts Schema, wird uns ohnehin nicht weiter helfen, aktuelle Ereignisse begreifen zu können. Klar ist, es gilt sich einzumischen. Versprechen tun wir uns aber weit mehr von Momenten, die diffus, wild und unkontrolliert zu Tage treten, statt den selben alten Schuh immer wieder aufs Neue zu wiederholen. Einfache Antworten wird es zwar nicht geben, aber eines steht fest: „Weder Rechts noch Links, wir wählen die Revolte“.

 

Unter anderem an diesen Orten in Berlin gibt es die Kanaille:

  • Kalabal!k (Reichenberger Str. 63a)
  • Schwarze Risse (Gneisenaustr. 2a)
  • Müßiggang (Oranienstr. 14a)
  • Kad(t)erschmiede (Rigaer Str. 94)
  • New Yorck im Bethanien (Mariannenplatz 2A)

„Erhobenen Hauptes, Flammenden Herzens“ – Neue Broschüre in Solidarität mit Boris

In Solidarität mit dem Anarchisten Boris, der nach einem Brand in seiner Zelle, in der er wegen des Vorwurfs der Brandstiftung an zwei Mobilfunkmasten in Untersuchungshaft saß, nun seit über einem Jahr im Krankenhaus liegt, erschien vor kurzem eine Broschüre, die einerseits eine Auswahl der Texte, die von seinen Gefährt*innen veröffentlicht wurden, versammelt, als auch eine ganze Reihe von Texten zusammenstellt, die sich mit 5G, Digitalisierung und den Angriff auf die digitale Infrastruktur auseinandersetzen. Auf dass Boris‘ Kampf weitergeführt werde, auf ein Ende des technologischen Netzes!

Für das pdf bitte auf das Bild klicken!

Aus dem Vorwort der Broschüre:

Vor über zwei Jahren, in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2020, unternahm ein Anarchist namens Boris aus der französischen Stadt Besançon einen kleinen Nachtspaziergang und hinterließ zwei brennende Funkmasten, was nicht nur das regionale Telekommunikationsnetz der verschiedenen französischen Mobilfunkanbieter zusammenbrechen ließ, sondern auch das Funknetz der Bullen. Zwei Pfeiler der technoindustriellen Zivilisation weniger, zumindest für einige Zeit.

Unglücklicherweise fanden die Bullen einen Deckel am Fuß eines der Funkmasten, und darauf eine DNA-Spur, die sie Boris zuordneten. Im September 2020 wurde er festgenommen und in Untersuchungshaft gesteckt. Im Bullenverhör bekannte er sich dazu, die beiden Funkmasten alleine angezündet zu haben. Am 19. Mai 2021 verurteilte das Gericht ihn schließlich in Abwesenheit seiner Anwältin zu vier Jahren Haft, davon zwei auf Bewährung. Boris legte daraufhin Berufung ein, doch ehe es zu diesem Prozess kommen konnte, brach Anfang August ein Brand in seiner Zelle aus, der ihm schwere Brandverletzungen zufügte. Monatelang lag er im Koma. Inzwischen ist er wieder bei Bewusstsein, doch noch immer hat er schwer zu kämpfen. An allen vier Gliedmaßen gelähmt, jedoch voller Lebenswillen, ist er mit der Arroganz und Allmacht des medizinischen Apparates gegenüber seinen Subjekten konfrontiert, der es nicht fassen kann, dass ein „Patient“ seinen eigenen Kopf hat. Vor kurzem meldeten sich die Gefährt:innen aus Besançon wieder zu Wort, um erneut zur Solidarität mit Boris aufzurufen.

In dieser Broschüre sind diese Aufrufe zu finden, sowie eine Auswahl der Texte und Aufrufe, die rund um Boris‘ Fall erschienen sind. Nicht nur, um einen Gefährten, der mit voller Wucht die Gewalt der Repression abbekommen hat, zu unterstützen, sondern auch, um seinen Kampf, der uns inspiriert, und der auch unser Kampf ist, und der sich in Frankreich in eine ganze Reihe von Angriffen und Kämpfen einfügt, fortzuführen, weiterzutragen, dazu anzustacheln, und die Debatte um Infrastruktursabotagen, Funkmastbrandstiftungen, Beschädigungen an Glasfaserkabeln, Angriffe auf Strom- und Energieinfrastruktur, wie sie in Frankreich geführt wird, in den deutschsprachigen Raum zu tragen.

Denn Boris‘ Angriff ist nicht der einzige seiner Art, er reiht sich in eine ganze Welle von Angriffen auf Mobilfunkmasten in Frankreich ein. Eine Welle, die bis heute immer mehr an Stärke zunimmt. Zählen offizielle Statistiken für das Jahr 2020 etwa hundert abgefackelte Funkmasten in Frankreich, so sind es 2021 bereits 150, und dieses Jahr liegt die Zahl im Mai 2022 bei einem abgefackelten Funkmast jeden zweiten Tag, womit der Trend für das Jahr 2022 bei knapp 200 Funkmasten liegen soll. Auch Beschädigungen an Glasfaserkabeln gab es die letzten sechs Monate in Frankreich im Schnitt dreißig pro Monat, ebenso wie zahlreiche andere Angriffe auf Telekommunikationsunternehmen sowie sonstige Infrastruktursabotagen. Angriffe, die den Mächtigen gar nicht gefallen, da sie die „sensibelsten und essentiellsten Aktivitäten des Landes“ bedrohen, eine potenzielle Gefahr für die Wirtschaft der Länder darstellen sowie das Projekt des umfassenden Ausbaus des technologischen Netzes und der Digitalisierung der Welt zumindest bremsen, ja vielleicht gar (zumindest lokal) – so unken auf jeden Fall gewisse Politiker, Geheimdienstler und Vertreter der Wirtschaft – sogar gefährden könnten.

Deshalb haben wir außer den Texten, die sich um Boris‘ Verhaftung drehen, noch Texte ergänzt, die sich mit dem Kampf gegen die technologische Infrastruktur, wie Boris ihn geführt hat und führt, beschäftigen. Darunter natürlich den, den Boris selbst über seine Motive zum Anzünden dieser Funkmasten verfasst hat, „Warum ich die zwei Funkmasten auf dem Mont Poupet abgefackelt habe“, sowie einen ursprünglich im Zündlumpen erschienenen Text, „Wann, wenn nicht jetzt?“, der in einer französischen Übersetzung in der Broschüre Brûler les foyers du virus technologique [Die Herde des technologischen Virus ausbrennen] erschien, für die die Bullen sich bei den Hausdurchsuchungen bei Boris und zwei weiteren Gefährt.innen aus Besançon, die damals ebenfalls stattfanden, besonders interessierten. Auch den zweiten Text aus derselben Broschüre, „Sabotagen gegen die digitale Normalität“, findet ihr in diesem Heft. Ansonsten findet ihr noch mehrere weitere Texte überwiegend aus Frankreich, die sich mit der momentanen Angriffswelle auf dem Gebiet auseinandersetzen.

In Reaktion auf die Repression gegen Boris haben außerdem insbesondere in Frankreich einige Angriffe stattgefunden, zu denen sich Menschen bekannten, die ihren Kampf in Solidarität mit Boris führen, doch auch die Zahl der anonymen Angriffe auf Funkmasten und technologische Infrastruktur steigt in Frankreich weiter an. Eine Auswahl von beidem findet ihr ebenfalls in diesem Heft.

Möge das Netz der technologischen Herrschaft an allen Enden und Ecken in Flammen aufgehen.

ERHOBENEN HAUPTES
FLAMMENDEN HERZENS
SOLIDARITÄT MIT BORIS

Der Feind steht rechts?

Ein Kommentar zur aktuellen Serie von Angriffen auf Grünenbüros in der BRD

Eine Serie von Angriffen auf Büros der Regierungspartei die GRÜNEN schwappt dieser Tage durch die Bundesrepublik Deutschland. Mal werden die Scheiben eingeworfen, mal wird die Fassade mit Farbe verunstaltet, mal gibt es Communiqués, mal werden politische Parolen hinterlassen, mal nicht. Was all diese Angriffe gemeinsam haben: Sie sind ein Angriff auf eine Partei, die in den letzten Monaten Rüstungsausgaben erhöht, Waffen exportiert, Kriege unterstützt, aber durch ihre Politik auch eine weitere Verarmung der Menschen, die fortgesetzte Vergiftung und Zerstörung der Umwelt in der die Menschen leben durch v.a. Windkraftanlagen, den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken und Kohlekraftwerken, den Bau von Flüssiggasterminals, usw., usw., beschlossen hat und all das noch mit dem überheblichen Grinsen wohlstandsgenährter Bessermenschen und einhergehend mit den typisch-herablassenden Ratschlägen völlig realitätsentfremdeter Politiker*innen hinsichtlich des Dusch-, Heiz- und Stromverbrauchsverhaltens der Menschen. Ganz nebenbei wurden von GRÜNEN-Politikern zudem fleißig Verträge über neue koloniale Energieprojekte abgeschlossen, die europäischen Grenzen weiter verstärkt und deren mörderische Praktiken aufrechterhalten, sowie Militarisierungsbestrebungen im Inland durchgewunken. GRÜNE Politik erweist sich wieder einmal (und wen überrascht das eigentlich wirklich), als in ihren Auswirkungen dramatischer als selbst die konservativste Politik der letzten Jahre und angesichts eines noch immer vorherrschenden Fokus antifaschistischer Interventionen gegen die rechtspopulistische, aber politisch wenig einflussreiche AfD – während die gleiche “antifaschistische” Bündnispolitik noch immer Organisationen der GRÜNEN und ihrer Jugendorganisationen weitestgehend unhinterfragt zu ihren Bündnispartner*innen zählt –, muss man sich als “Antifa” dieser Ausprägung ganz gewiss zurecht die Frage gefallen lassen, ob man nicht eigentlich vielmehr ein para-staatliches Bollwerk nach dem Vorbild diverser kommunistischer, wie faschistischer Schlägertrupps der späten 20er Jahre wäre, auch wenn diese Frage in aller Regel von jenen gestellt werden zu scheint, die sich eigentlich nur einen Staat in politisch leicht divergierender Ausprägung wünschen.

Aber natürlich ist die “Antifa” der Parteijugenden und ihrer etwas hipper wirkenden parteilosen Verbündeten gewiss die letzte Kraft, auf die man hinsichtlich des Kampfes gegen ökofaschistische Bestrebungen zählen sollte und offensichtlich gibt es ja eine ganze Reihe von Menschen, die erkannt haben zu scheinen – oder besser noch: denen diese Tatsache schon immer oder wenigstens schon seit langem klar war –, dass die GRÜNEN ihrer Natur gemäß Feind jeder Bewegung nach Freiheit sind und als solche sowohl angegriffen werden können, wie auch angegriffen werden müssen, will man nicht tatenlos dabei zusehen, wie dieses Politiker*innenpack versucht sämtliche Aufbrüche in Richtung Freiheit zu rekuperieren und damit unschädlich zu machen. Und so kommt es auch, dass es in den vergangenen Monaten zahlreiche Angriffe gegen Parteibüros der GRÜNEN gegeben hat, zu denen sich von anarchistischer Seite oder sogar selbst von linker Seite, jener linken Seite, die vielleicht noch nicht gänzlich ihr Hirn an der Wahlurne abgegeben hat, bekannt wurde.

Ob in Berlin (https://sozialerzorn.noblogs.org/post/2022/10/06/b-ihr-seid-die-krise-parteibuero-der-gruenen-eingeworfen/), Leipzig (https://sozialerzorn.noblogs.org/post/2022/08/17/scheiben-an-gruenen-buero-eingeschlagen/) oder anderswo haben sich Menschen dazu entschlossen, ihre Gründe für den Angriff auf die GRÜNEN kund zu tun. Und siehe da: diese Menschen streben nach Freiheit – und damit meinen sie nicht die kleinkarrierte bürgerliche Vorstellung von einer “Freiheit” der Parteien, des Kapitals und des Staates die Menschen zu schröpfen. Auch auf das Grünen Büro in Harburg hat es einen Angriff gegeben, der seine Gründe anhand von Parolen offen legte: “How Dare You”, “Stopp Kohle”, “Lützi” und ein gelbes X prangten am Abend des 19. Oktobers 2022 am Parteibüro der GRÜNEN in Harburg. Eine klare Botschaft, die zwar ein wenig bittstellerisch daherzukommen scheint, aber nichtsdestotrotz eindeutig bleibt. Und dann gibt es da noch eine Reihe von Angriffen, deren Botschaft zwar unmissverständlich bleibt, deren Gründe jedoch von den Angrifer*innen niemals kund getan wurden. In München beispielsweise wurden im Juli und Oktober die Scheiben eines GRÜNEN Büros im Stadtteil Schwabing-West von Unbekannten zweimal mit Steinen eingeworfen. Keine Botschaft. Kein Communiqué. Keine Festnahmen. Aber was gibt es dazu auch zu erklären? Und es gibt gewiss keinen Anlass dazu zu spekulieren, wer hinter dieser Tat stecken könnte und ob dessen Motive vielleicht “unrein” gewesen sein könnten. Anders sieht es vielleicht – sofern dies nicht eine Konstruktion der, wie manch verwirrter Geist so treffend sagt(e) “Lügenpresse” ist – im Falle des in-Brand-Setzens einer Sitzbank vor dem Büro der GRÜNEN Familienministerin Paus in Berlin-Charlottenburg aus. Augenscheinlich im Erdgeschoss eines Wohngebäudes gelegen und offenbar während ein*e Mitarbeiter*in in dem Büro zugegen war, spricht dieser Angriff keine sonderlich freiheitliche Sprache, sondern vielmehr die einer militaristischen Logik, in der bereitwillig Kollateralschäden in Kauf genommen werden, selbst für die geringfügigsten Schläge gegen den politischen Feind. Dass zudem in unmittelbarer Nähe zum Ort des Geschehens der Schriftzug NSU prangte, mag da auch den letzten Verdacht zerstreuen, dass hier Menschen am Werk gewesen hätten sein können, denen die Freiheit ein Anliegen sein könnte.

Doch die offensichtliche Tatsache, dass es selbstverständlich auch Feinde der GRÜNEN innerhalb des politischen Parteienspektrums und darüber hinaus im Spektrum der Macht gibt, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass just in diesem Moment etwas ganz anderes im Gange sein könnte: Nämlich eine Welle an Angriffen auf die GRÜNEN, die vom Verlangen nach Freiheit genährt wird. Ein Verlangen, auf das weder Linke, noch Anarchist*innen ein Monopol besitzen und das gerade dann gefährlich wird, wenn es sich unter den Ausgebeuteten und Ausgeschlossenen der Gesellschaft ausbreitet und diese zum Angriff auf jene treibt, die sie unterdrücken.

Das wissen die GRÜNEN und ihre Adjutanten bei der “Lügenpresse” natürlich genauso. Und möglicherweise ist eben dies der Grund, warum sie in Reaktion auf die hoffentlich gerade erst beginnende Serie von Angriffen gegen sie entschieden haben, diese als “von Rechts” kommend zu framen, als “demokratiefeindlich” (was sie gewiss sind, aber ist nicht die Feindschaft gegen die Demokratie zuallererst ein Indiz für ein Streben nach Freiheit?) und folglich als ihrem Wesen nach “autoritär” oder gar “faschistisch”. Vielleicht überschätzt man die GRÜNEN damit ja auch und eigentlich sind sie wirklich so dumm, wie sie vorgeben, wenn sie etwa in Reaktion auf oben genannten Angriff auf ihr Büro in Harburg sagen: “Wir haben uns natürlich aufgeregt. Ich vermute aber, dass das nicht von links kommt.” Ich denke es wäre ein Fehler, hier nur Dummheit anzunehmen. Nein, was die GRÜNEN hier versuchen, ist mithilfe von Verwirrung über die Frage irgendwelcher ohnehin hohler politischer Identitäten ihrer Feind*innen auch die Welle an Angriffen gegen sie abzuschwächen. Es ist nachvollziehbar, dass man als nach Freiheit strebende*r Angrifer*in nicht mit autoritären Kräften verwechselt werden möchte. Nichtsdestotrotz sollten wir uns davor hüten, es der Presse und den GRÜNEN oder allgemein unseren Feinden zu überlassen zu beurteilen, wo diese Verwechslung vorliegen könnte. Indem die GRÜNEN in Harburg etwa versuchen, den Angriff auf sie als eine False-Flag-Aktion von Rechts darzustellen, versuchen sie natürlich, sich als eigentlich legitimen Bündnispartner einer radikal linken Politik zu inszenieren. Und auch wenn hier bereits eine gehörige Verwirrung unter radikalen Linken, die tatsächlich derlei Bündnisse eingehen, zu herrschen scheint, bzw. je nach begrifflicher Fassung genau diese Art von Verwirrung ein Kernproblem dessen ist, was die radikale Linke ausmacht und von der es sich aus Sicht von Antiautoritären dann auch abzugrenzen gilt, wäre ein Erfolg mit dieser Strategie fatal. Denn ein Bündnis mit den GRÜNEN ist heute vielleicht mehr als jemals zuvor der totale Verrat an jeder subversiven Idee.

Die einzig passende Antwort auf derlei Bestrebungen seitens der GRÜNEN ist dabei erfreulicherweise mit jeder Menge Spaß verbunden: Sorgen wir dafür, dass die Angriffe gegen die Grünen nicht abreißen. Sorgen wir dafür, dass wir mit unseren Taten eine klare Sprache sprechen, die sich immer und überall gegen alle Autoritäten richtet und jeder militaristischen Logik entflieht. Und vielleicht am wichtigsten: Lassen wir uns nicht auf die Logik des Spektakels ein. Lassen wir uns nicht von den Lügen der Presse einlullen, sondern lasst uns ein eigenes Verständnis von der Welt in der wir leben entwickeln. Lasst uns sämtliche Rechts-Links-Frontenbildung über den Haufen werfen und stattdessen in Worten und Taten nach jenen Verbündeten suchen, mit denen wir die gleiche Sprache der Freiheit sprechen und die gleiche Vorstellung davon, sowie des Kampfes um sie teilen. Denn ein Angriff auf die GRÜNEN, ebenso wie jeder Angriff auf die Herrschaft bleibt zunächst einmal genau das; und nur weil die Macht versucht, Narrative zu entwickeln, die durch eine Rechts-Links-Einteilung von für sich sprechenden Taten die Kontrolle über solche Angriffe wahren sollen, sollten wir nicht den Fehler machen, diesem billigen Versuch der Aufstandsbekämpfung auf den Leim zu gehen.

Auf dass die Grünen in der Welle an Hass auf ihre mörderische, koloniale und sozialchauvinistische Politik der Umweltzerstörung, der Grenzen und des Krieges ertrinken mögen und nicht nur sie, sondern mit ihnen auch all die Technokraten, die Faschisten, die Demokraten, die Leninisten und wie sie noch alle heißen!

La Nemesi: eine neue Webseite zur Unterstützung von Angriffspraktiken und internationaler revolutionärer Solidarität

La Nemesi: eine neue Website zur Unterstützung von Angriffspraktiken und internationaler revolutionärer Solidarität

La Nemesi“ ist eine von Anarchisten betriebene Website, die sich der Veröffentlichung von Texten über den Kampf gegen den Staat, das Kapital und alle Autoritäten widmet. Mit der Eröffnung dieser Website wollen wir über die Merkmale der sogenannten Gegeninformation hinausgehen und den Texten und Beiträgen mehr Raum geben, die in den Gegeninformationsräumen, die die virtuelle Welt bevölkern und die in der, durch die Telekommunikationsmittel erzeugten Unklarheit, häufig untergehen.

„La Nemesi“ wurde also mit dem Ziel gegründet, Bekennerschreiben oder Info-Texte über Aktionen und Sabotagen sowie Artikel, Berichte und Korrespondenzen über Aufstände und Rebellionen in der ganzen Welt zu veröffentlichen und zu verbreiten. Es ist eine Art “Bulletin” des anarchistischen revolutionären Kampfes und ganz allgemein des sozialen Krieges, den die Unterdrückten führen.

Ebenso viel Raum wird der Veröffentlichung von Bekennerschreiben und Dokumenten von in staatlichen Gefängnissen inhaftierten Anarchisten gewidmet, sowie aktuellen Informationen über die Gefängnissituation von Gefährten, Mobilisierungen und Soli-Veranstaltungen, vergangene, gegenwärtige und zukünftige anti-anarchistische Repressionsmaßnahmen und allgemein die Repression gegen die Bewegung.

Darüber hinaus werden redaktionelle Nachrichten (kürzlich erschienene Zeitungen, Zeitschriften, Blätter, Bulletins, Bücher, Broschüren usw.) und gelegentliche Artikel oder Textauszüge aus mehr oder weniger aktuellen Veröffentlichungen aufgenommen. Im Gegensatz zu diesen anderen Artikeln werden letzteren Beiträge vom guten oder schlechten Geschmack derjenigen diktiert, die die Website verwalten.

Ein weiterer Teil von „La Nemesi“ wird aus einem als Archiv geöffneten Bereich bestehen, der Artikeln und Texten gewidmet ist, die von Aktionen berichten, die von Anarchisten in Italien von den 1950er Jahren bis heute durchgeführt wurden. Die geografische und zeitliche Abgrenzung dient nicht nur dazu, der Aufgabe eine Grenze zu setzen, die andernfalls, wenn sie ins Unendliche ausgedehnt würde, ausgesprochen gigantisch wäre, sondern vor allem, weil wir es für notwendig hielten, einen zugänglichen Raum zu haben, in dem unzählige Texte gesammelt werden können, die sich mit dem befassen, was in diesen Jahrzehnten speziell in Italien geschehen ist. Wir freuen uns über Korrekturen, Klarstellungen, Informationen und neue Texte, die in diesen Bereich aufgenommen werden sollen.

Abschließend möchten wir klarstellen, dass diese Website nicht den Anspruch erhebt, irgendjemanden zu vertreten, zu vereinheitlichen oder ein Sprachrohr zu sein. Es handelt sich nicht um die Arbeit eines Kollektivs, einer Gruppe oder eines bestimmten “Milieus”: Sie wird von einigen wenigen Individuen betrieben, die es ganz einfach für notwendig hielten, den Umfang und die Möglichkeiten der Agitation und Propaganda anarchistischer Ideen zu erweitern.

Unser Kampf ist in gewisser Weise “eine Nemesis” gegen ein Schicksal, das die Macht gerne als unausweichlich definieren würde. Es geht nicht um eine Umverteilung der Gerechtigkeit oder einen Ausgleich der Verantwortlichkeiten, sondern um eine Wut, die in ihrem Übermaß eine einfache Wahrheit bekräftigt: die Zukunft, die Freude, das Leben, das wir uns gegen alle Widrigkeiten, Ausbeutung und Unterdrückung erkämpfen und zu eigen machen.

Mit diesem Bewusstsein im Herzen unterstützen wir die Praxis des Angriffs und der internationalen revolutionären Solidarität mit allen inhaftierten Anarchisten und Revolutionären. Wir kämpfen bis zur totalen Befreiung für die Zerstörung dieser Gesellschaftsordnung und aller Autoritäten.

September 2022

Website: https://lanemesi.noblogs.org/
E-mail: lanemesi@autistici.org

kopiert von https://lanemesi.noblogs.org/post/2022/09/24/la-nemesi-eine-neue-website-zur-unterstutzung-von-angriffspraktiken-und-internationaler-revolutionarer-solidaritat/

Erneute Razzien gegen Anarchist*innen in München!

Am Donnerstag, den 27. Oktober 2022 razzten die Münchner Bullen wie bereits erwartet erneut zwei Wohnungen. Wieder richteten sich die Razzien gegen Anarchist*innen. Einem von ihnen wird vorgeworfen Mitglied in der bereits bekannten Vereinigung zu sein, die die Bullen rund um das laufende §129-Verfahren gegen Münchner Anarchist*innen konstruieren. Wieder beschlagnahmten die Bullen alles anarchistische und in ihren Augen anarchistisch aussehende Papier. Zum Kontext gibt es dezeit nicht mehr zu sagen als im bereits am Vortag veröffentlichten Text steht (siehe https://de.indymedia.org/node/234473), in dem diese erneute Razzia ja bereits ankündigt wurde. Über weitere Entwicklungen halten wir euch auf dem Laufenden.

Wie immer gilt natürlich auch weiterhin: Keine Spekulationen.

ACAB