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(Dark Nights Nr.51) Krieg ist das höchste Drama einer vollständig mechanisierten Gesellschaft

Ein Artikel aus der Ausgabe Nummer 51 der anarchistischen Publikation Dark Nights, es handelt sich um den gleichnamigen Aritkel, die Übersetzung ist von uns.

Krieg ist das höchste Drama einer vollständig mechanisierten Gesellschaft, Dark Nights, Mai 2022 Nr. 51, Für gegenseitige Hilfe und Solidarität

Krieg ist das höchste Drama einer vollständig mechanisierten Gesellschaft“ Lewis Mumford

Es ist keine Überraschung, dass wir wieder einmal die Ruinen einer apokalyptischen Natur in einer europäischen Stadt sehen, dass Mariupol zum neuen Aleppo geworden ist, ist kein Zufall, sondern weckt Erinnerungen an ähnliche Bilder von Sarajevo während des jugoslawischen Bürgerkriegs. Konflikte zwischen Nationen, zwischen imperialistischen Großmächten haben uns nie verlassen. Wenn überhaupt, dann ist der Krieg in der Ukraine eine Fortsetzung des Konflikts, der gegen alles Leben auf diesem Planeten geführt wird, die Geopolitik und der Krieg selbst sind Symptome eines zerstörerischen Prozesses, der sich zuspitzt, nämlich der Zivilisation und ihrer mechanisierten totalen Kontrolle. Die Warnzeichen für einen sterbenden Planeten sind allgegenwärtig und die technokratischen Eliten sind sich dessen sehr bewusst.

Krieg war schon immer ein Mittel der Reglementierung, um die Massen zu kontrollieren, aber auch um das Individuum einzuschränken. Der Krieg in der Ukraine ist da keine Ausnahme, genauso wenig wie die andauernden Konflikte in Syrien und im Jemen. Es ist eine Illusion der Propaganda in den sozialen Medien, zu glauben, dass es sich um einen simplen Konflikt zwischen einer scheinbar demokratischen Nation und einem faschistischen Unterdrücker handelt. Zelensky ist an all dem nicht unschuldig, denn es gibt viele Beweise dafür, dass er die Neonazis, die den jungen ukrainischen Staat bedrohten, mit offenen Armen empfing, Zelensky hat sogar den Asow an der Seite des SBU (des ukrainischen Sicherheitsdienstes, der von der CIA ausgebildet wurde) eingesetzt, um gegen die Opposition vorzugehen, egal ob sie pro-russisch, links oder kommunistisch ist, und das soll keine Entschuldigung für Russland und Putin sein, denn es wurde auch dokumentiert, dass die Auftragnehmer, die Wagner-Gruppe, voller Nazis sind, die in Syrien, Libyen und kürzlich in Mali Gräueltaten begehen. Wenn man dann noch bedenkt, dass die NATO offen faschistische Gruppen wie das Asow-Bataillon mit Waffen versorgt, ausgebildet und aktiv angeheizt hat, ergibt sich das Bild eines Stellvertreterkriegs, der an den Kalten Krieg erinnert. Wer zahlt die Kosten eines solchen Krieges? Die Männer, die zwangsrekrutiert werden, die Frauen und Kinder, die unter den Trümmern sterben, die in Massengräbern verscharrt werden, die Menschen, die der Propaganda eines Krieges glauben, der unter mythologischen Vorwänden geführt wird, während die Köpfe von der wahren Strategie der beteiligten Mächte abgewendet werden, die darin besteht, die Bevölkerungen innerhalb des Konflikts zu kontrollieren, während der Rest der Welt dem Spektakel beiwohnt, glücklich darüber, dass ihr sozialer Frieden gewahrt bleibt, ihr Komfort ungestört ist, die Sicherheit ihres endlosen Konsums weitergeht und die leviathanische Maschine das verschlingt, was von der natürlichen Welt übrig geblieben ist und durch das Furnier der künstlichen Welt ersetzt wird.

In all dem steckt einer der großen Profiteure des Krieges: die Technologie und der Profit, der aus ihr gezogen wird. Bereits in diesem Konflikt sehen wir die angepriesene internationale Hilfe in Form von neuen technologischen Waffen. Abgesehen von den Panzerabwehrraketen, NLAWs und Javelins. Drohnen werden in diesem Krieg immer häufiger eingesetzt, sei es zur Überwachung oder zu Angriffszwecken, aber auch die Switchblade-Drohnen von AeroVironment Inc, die als Kamikaze-Drohnen beschrieben werden, die klein genug sind, um in einen Rucksack zu passen, sind einen Schritt näher am Konzept der Schwarmdrohnen mit künstlicher Schwarmintelligenz.

Gesichtserkennung, die bereits in repressiven Kontexten, insbesondere bei der Überwachung, eingesetzt wird, sei es auf der Straße, an den Grenzen oder bei Krawallen, um jeden zu identifizieren, der es wagt, Widerstand zu leisten, wird nun auch zur Identifizierung von Feinden oder Leichen von Soldaten eingesetzt, und zwar mit Hilfe des größten Anbieters der Welt Clearview Al. Das Unternehmen selbst hat bereits zugegeben, dass es Milliarden von Bildern von der russischen Social Media Seite Vkontakte speichert, sogar von Selfies, ähnlich wie das Programm von Facebook. Wie üblich wird diese Technologie mit vermeintlich nützlichen Zwecken wie der Zusammenführung von Flüchtlingen gerechtfertigt, aber es gibt bereits Beweise dafür, dass sie von anderen ukrainischen Regierungsstellen für andere Zwecke eingesetzt wird, um die eigene Bevölkerung unter Kontrolle zu halten und die Überwachungsgesellschaft in einer anderen Ecke der Welt zu kolonisieren.

Außerdem werden nach einem Aufruf von Zelensky die Space X Starlink-Satelliten von Elon Musk eingesetzt, um die Ukraine mit Internet zu versorgen, nachdem das Internetnetz in vielen Teilen des Landes zusammengebrochen ist. Dies ist eine weitere Legitimation für eine neue Technologie, die nicht nur die Kolonisierung und Verschmutzung des Weltraums vorantreibt, sondern auch die Macht der Technokraten und das Vertrauen in sie selbst in einem Krieg erhöht. Der Traum, den Planeten mit Hochgeschwindigkeits-Breitband zu versorgen, ist auf dem besten Weg, denn du kannst nicht auf Twitter oder Tik Tok zugreifen, während dein Haus in Schutt und Asche gebombt wird und alle um dich herum sterben.

Wie wir bereits in früheren Veröffentlichungen erwähnt haben, sind wir von einem monumentalen Wandel in der Funktionsweise der Gesellschaft, der Staaten, des Kapitalismus und der gesamten Zivilisation umgeben. Durch diesen technologischen und wissenschaftlichen Wandel, der die Kontrolle über unser aller Leben weiter ausdehnen wird, wird es zu Konflikten und Kriegen kommen, da bestimmte Mächte nicht nur um die Kontrolle über die Technologien konkurrieren, sondern auch darum, ihren Einfluss auf Teile des Planeten zu vergrößern und als erste auf die schwindenden und neuen Ressourcen zuzugreifen, um die neuen Technologien zu entwickeln. Wir sehen den Krieg in der Ukraine als Fortsetzung eines Prozesses, der sich bereits in der immer noch andauernden Pandemie und der zunehmenden Kontrolle ganzer Bevölkerungsgruppen niedergeschlagen hat. Davor hatten wir die „ökonomische Krise“, den „Krieg gegen den Terror“, immer eine Fortsetzung einer „Krise“ der autoritären Systeme, die geschaffen wurden, aber auch eine Aufrechterhaltung eines Zustands der Angst, egal ob sie durch sie geschaffen wurden oder Symptome ihres Scheiterns sind.

Im Zuge dieser jüngsten Veränderungen gerät das so genannte perfekte Bild des sozialen Friedens aus den Fugen. Dies ist eine Folge des Zusammenbruchs des ökonomischen Systems aufgrund der Pandemie, aber auch eine Folge des Versuchs der Kapitalisten und Eliten, die Bevölkerung zurück in die Galeeren der Arbeit zu zwingen, die immer mehr zu einem Gefängnis der Überwachung und der totalen Kontrolle geworden sind, sei es durch die zunehmende Automatisierung, die ständige Überwachung jeder Handlung oder sogar die absolute Umwandlung der Arbeit in eine Sklaverei von Amazon-Ausmaßen. Bei all dem ist auch klar, dass sich nicht nur ein „neuer kalter Krieg“ zusammenbraut, sondern auch ein sogenannter „Energiekrieg“. Wie jeder weiß, ist Russland eine der größten Gas- und Ölquellen der Welt und die westlichen Mächte haben bereits davon gesprochen, dass sie nicht von ihnen abhängig sein wollen, sei es, indem sie selbst energieautonom werden, ihre eigenen fossilen Brennstoffquellen weiter ausbeuten oder erneuerbare Energiequellen ausbauen. Die Zerstörung des Planeten durch die weitere Ausbeutung fossiler Brennstoffe in neuen Gebieten mit noch zerstörerischeren Methoden und die parallele Zunahme „grüner Technologien“, die weitere umweltschädliche Ressourcen fördern, scheint eine höhere Priorität zu haben als die Beendigung eines Krieges.

Wo ordnen wir uns als Anarchisten in den Kriegen ein, die von Nationalstaaten, Supermächten und Technokraten geführt werden? In der Ukraine haben Anarchisten bereits ein sogenanntes „Resistance Committee“ (Widerstandskomitee) gegründet, das offen zugibt, Teil der „Territorialen Selbstverteidigung der Ukraine“ zu sein, die wiederum direkt den Streitkräften der Ukraine untersteht. Diese „Anarchisten“ sind Teil einer Einheit der Armee des ukrainischen Staates, desselben ukrainischen Staates, der Neonazis in seine Armee aufgenommen hat, deren Kommandeure von Zelensky selbst ausgezeichnet wurden und die offen erklärt haben, dass sie „die weißen Völker der Welt in einen letzten Kreuzzug führen“ wollen. Wir könnten die Korruption und die Verbindungen des ukrainischen Staates zu den Faschisten noch weiter aufzählen, aber das heben wir uns für einen späteren Text auf, in dem wir den Aufstieg des Nationalismus, der Faschisten und der Neonazis in der Ukraine und in Russland analysieren und aufzeigen, wie das Land zu einem Brennpunkt und einem Trainingsgelände für die internationale faschistische Bewegung geworden ist, die sowohl von der NATO als auch vom russischen Staat gefördert wird.

Der ukrainische Staat kann nicht mit einer Art Rückbesinnung auf den spanischen Bürgerkrieg mit dem Republikanischen Staat verwechselt werden, und auch nicht mit einem Bündnis der Makhnovisten mit den Bolschewiken, sondern mit dem freiwilligen Beitritt zu einer Armee, der auch Neonazis angehören.

Darüber hinaus haben diese „Anarchisten“ sogar die Grundprinzipien des Anarchismus und die frühere Beteiligung von Anarchisten an Konflikten vergessen. Anarchisten kämpfen nicht in einer staatlichen Armee, ziehen die Uniform an, nehmen die Befehle entgegen und gehorchen der Autorität der Offiziere. Anarchisten im spanischen Bürgerkrieg verloren ihr Leben während der Mai-Ereignisse in Barcelona 1937, als sie sich nicht nur gegen die Bildung eines Staates oder einer Konterrevolution wehrten, sondern auch gegen die Militarisierung ihrer Milizen. 1916 schrieben Kropotkin, Jean Grave und andere Anarchisten einen unverzeihlichen Text mit dem Namen „Manifest der Sechzehn“, in dem sie Anarchisten aufforderten, auf der Seite der Alliierten in den Weltkrieg einzutreten, weil die Zentralmächte offenbar besiegt werden mussten, während Millionen in den Schützengräben für Nationalismus und Imperialismus starben. Denselben Fehler würde man mit dem Zweiten Weltkrieg wieder begehen. Rudolf Rocker argumentierte, dass der Einsatz der Alliierten im Zweiten Weltkrieg gerecht sei, da er letztendlich zur Erhaltung der libertären Werte führen würde!

Wenn die Amnesie der Vergangenheit nicht ausreicht, scheinen sich diese „Anarchisten“ in einer Armee wohlzufühlen, die von Soldaten aus NATO-Ländern versorgt und ausgebildet wird, wie andere „Anarchisten“, die sich den kurdischen Streitkräften in Syrien anschließen. In diesem Krieg war es ihnen sogar recht, dass die Luft- und Spezialeinheiten der NATO-Länder mit ihnen zusammen gegen den Islamischen Staat kämpften. Es gibt hier eine Überschneidung zwischen dem, was in Rojava und jetzt in der Ukraine passiert ist, einer militarisierten und libertären kommunistischen Tendenz, die nicht anarchistisch ist, die ihre Wurzeln viel weiter zurück hat und die die internationalen anarchistischen Kreise so sehr korrumpiert hat, dass sie beginnen, Kommunisten, Liberale und Linke zu spiegeln und in eine Praxis abzusteigen, die zu Hause keine Bedrohung darstellt, weil ihre vermeintliche Revolution dort, wo sie herkommen, nie gewaltsam durchgeführt wird und eine noch schlimmere Version von Zivilisiertheit und Aktivismus fördert. Wir müssen in Zukunft eine längst überfällige Kritik an dieser Abweichung in internationalen anarchistischen Kreisen üben.

Anarchisten sind prinzipiell antimilitaristisch. Sie haben in vielen Kriegen die Wehrpflicht verweigert, auch die des Militärdienstes wie in Italien und Griechenland. Anarchisten haben sich während des Zweiten Weltkriegs als Partisanen in den antifaschistischen bewaffneten Kampf gestürzt und dort, wo es möglich war (Carrera, Pistoia, Genua und Mailand), autonome Formationen gegründet oder sich, wie es in den meisten Fällen der Fall war, anderen Formationen angeschlossen, die nicht Teil der italienischen Armee waren, die bereits unter der Kontrolle Mussolinis und seiner Faschisten stand, die sich mit Hitler und den Nazis verbündet hatten. Die „Galleanisten“ führten ihren eigenen Krieg gegen den amerikanischen Staat fort, obwohl dieser in den Ersten Weltkrieg gegen Deutschland eingetreten war. Das Militär und seine Industrie sind schon seit Jahrzehnten Ziel von Anarchisten. Ob gegen die US-Raketenbasis in Comiso, Italien in den 1980er Jahren, die Informelle Anarchistische Föderation, die international militärische Ziele und Zulieferer angreift, wie in Großbritannien gegen eine Eisenbahnlinie, die das Verteidigungsministerium und Militärunternehmen verbindet, einen Brandanschlag auf Royal Marines Reserves und einen Brandanschlag gegen BAE Arms. In den letzten Jahren wurden Rüstungsunternehmen und das Militär erneut zu Zielen, als Direct Action Cells in Griechenland mit einem Brandsatz ein Militärwohnheim angriffen und in Deutschland mehrere Ziele von Autonome angegriffen wurden, darunter die Brandanschläge auf MAN-Militärfahrzeuge und der Brand der Büros des Rüstungsunternehmens OHB in Bremen.

Aus dieser kurzen und begrenzten Chronologie wird deutlich, dass das Militär und seine Zulieferer, die Profiteure von Krieg und Tod, schon immer Ziele von Anarchisten waren, aber wie noch weiter zurück gezeigt wird, gibt es eine Tendenz, auch in Kriegszeiten gegen alle Staaten zu kämpfen. Wann findet nicht irgendwo auf der Welt ein Krieg statt? Befinden wir uns nicht ständig im Krieg mit unserem Feind, sei es der Staat, der Kapitalismus, die Technologie, die Faschisten oder die Zivilisation? Und gehören dazu nicht auch ihre Armeen?

Antimilitarismus ist Teil unseres Krieges gegen das Bestehende. Wir sind nicht die Pazifisten der Demonstrationen gegen den Irak-Krieg, die nichts bewirkt haben, oder die vom Untergang gezeichneten Ökoliberalen. Wir kämpfen nicht in nationalistischen oder imperialistischen Kriegen und bilden unmögliche Fronten mit denen, die uns foltern und töten würden, sobald wir ihnen den Rücken kehren. Die vergangenen anarchistischen Kämpfe sollten uns lehren, dass es keine Verhandlungen mit denen gibt, die das bestehende Gefängnis aufrechterhalten, egal wie freiheitlich oder demokratisch sie es zu sein versprechen.

Was in der Ukraine passiert, wenn „Anarchisten“ in den Streitkräften eines Nationalstaates kämpfen, der sich mit Faschisten verbündet hat, ist ein Verrat an allem, was anarchistisch ist, und sollte nicht als solcher bezeichnet werden. Es ist das Versäumnis, Autonomie zu verwirklichen, einen Konflikt gegen jede Autorität, gegen alle Staaten, gegen alle Manifestationen von Macht, mit tatsächlicher aufständischer Gewalt zu schaffen, anstatt sich so sehr auf eine Postmoderne, Identitätspolitik, liberale linke und sogar kommunistische Abweichungen zu konzentrieren.

Stattdessen schlagen wir, wie schon immer, informelle anarchistische Organisationen, Affinitätsgruppen, ja sogar Zellen vor, die Stadtguerilla im Gegensatz zum Soldaten in Uniform, der gegen seinen Willen zum Schlachten eingezogen wird. Wir rufen einmal mehr zu einer neuen internationalen Koordination auf, nicht nur gegen die NATO und den russischen Staat, sondern gegen alle Staaten.

Unser Krieg richtet sich gegen jede Militarisierung, gegen jede Reglementierung, gegen jede Verhandlung mit Macht und Autorität, die die ganze Gesellschaft durchdringt. Er richtet sich nicht nur gegen die militärischen Ziele, sondern gegen alle Erscheinungsformen der Kontrolle, von den Bullen bis zu den Bossen, von den Technokraten bis zu den Soldaten, allen Politikern und Bankern, gegen alles, was von uns profitiert und uns einsperrt, was alles Leben auf diesem Planeten zerstört und tötet. Der militärisch-industriell-technologische Gefängniskomplex muss erschossen, gesprengt und niedergebrannt werden!

Für 10, 100, 1000 aufständische und revolutionäre anarchistische Zellen! Für eine neue internationale anarchistische Koordinierung! 325 Kollektiv

(Tschechien) Internationalistische Beiträge zum Widerstand gegen den Krieg

Per Mail von Tridni Valka/Klassenkrieg erhalten und von uns korrigiert, bzw. ergänzt. Ein Text von Nakladatelství Subverze aus Tschechien.

Internationalistische Beiträge zum Widerstand gegen den Krieg

Der Text wurde per E-Mail auf Tschechisch empfangen und von uns übersetzt.

Der tobende Krieg auf dem vom ukrainischen Staat verwalteten Territorium entfacht leidenschaftliche Debatten darüber, welche Haltung die Partisanen der revolutionären Theorie und Praxis einnehmen sollten. Der Ansatz zahlreicher Einzelpersonen und Gruppen steht im Widerspruch zu den bisher vertretenen Positionen, als ob ein konsequenter Antimilitarismus nur in Zeiten des kapitalistischen Friedens legitim wäre, nicht aber, wenn sich der Krieg unseren Häusern nähert.

Der Krieg ist ein Drama, in dem Widersprüche und Grenzen immer wieder zum Vorschein kommen, weil es nicht mehr so einfach ist, sie zu leugnen, zu verschleiern und zu verbergen wie in der Zeit vor dem Krieg. Es wird sich immer zeigen, wer die revolutionäre Theorie mit der revolutionären Praxis in Einklang bringen kann und wer lediglich (ultra-)linke bourgeoise Politik unter den Slogans des Antikapitalismus betreibt.

Wir erleben heute, dass viele Anarchisten und Kommunisten den bourgeoisen Krieg als vermeintliche Lösung globaler Probleme befördern, sich staatlichen Armeen anschließen und sich an brudermörderischen Konflikten beteiligen. Mit anderen Worten: Sie kämpfen für die Interessen des Staates und der der Bourgeoisie. Dabei täuschen sie sich selbst und ihr Umfeld, indem sie behaupten, sie würden vor allem das Leben der Zivilisten schützen, ohne gleichzeitig die Position des Staates und der Bourgeoisie zu stärken. Als ob es in diesem Krieg nicht in erster Linie darum ginge, welche Staaten die Macht über ein bestimmtes Territorium, seine Ressourcen und seine Bevölkerung haben werden.

Sicherlich braucht jede widersprüchliche Haltung eine „Rechtfertigung“, wenn ihre Verkünder/Herolde die Tatsache verbergen sollen, dass sie sich in den eigenen Mund scheißen und mit ihren Aktionen heute leugnen, was sie gestern behauptet haben. Es ist wirklich deprimierend zu sehen, wie Menschen, die vor einigen Jahren noch unter der Parole „Krieg gegen Krieg“ durch die Straßen marschierten, heute, in einer Zeit, in der der Krieg tobt, mit der gleichen Inbrunst „Lasst uns in den Krieg ziehen“ rufen.

Das Gerede von Undogmatismus, Anpassung an die spezifischen Realitäten, temporärem Bündnis/Allianz mit dem Staat, Pragmatismus und vielem mehr sind nur ideologische Manipulationen, um den Verrat an der revolutionären Praxis und das Festhalten an der bourgeois-demokratischen Politik zu „rechtfertigen“.

Es zeigt auch, dass die Kriegspropaganda und die Selektivität der Informationen für alle gilt, die den Krieg unterstützen: Putin, Zelensky, Nationalisten auf beiden Seiten der Frontlinie sowie jene anarchistischen und kommunistischen Gruppen, die sich freiwillig dem Militärkommando unterwerfen.

Diejenigen, die für revolutionären Defätismus eintreten und statt eine der Kriegsparteien zu unterstützen, zur Subversion der Kriegsanstrengungen aufrufen, werden von der Kriegspropaganda als Anhänger einer arroganten westlichen Linken abgestempelt, die unfähig ist, Empathie zu empfinden und anzuerkennen, dass Menschen aus Ost- und Mitteleuropa selbstbewusste Subjekte des Wandels/der Veränderung sein können. Diese widerliche propagandistische Vorgehensweise darf nicht unwidersprochen bleiben. Nicht nur, weil sie dazu beiträgt, die imperialistische Teilung der Welt in einen westlichen und einen östlichen Block zu erhalten, sondern auch, weil sie dazu dient, die Realität zu verschleiern. Revolutionärer Defätismus und die Ablehnung der Teilnahme am bourgeoisen Krieg ist keine Position, die ausschließlich in Westeuropa und den USA vertreten wird. Es sind nur die kriegsbefürwortenden „Anarchisten und Kommunisten“, die versuchen, selektiv aus der Geschichtsschreibung zu tilgen, was ihnen nicht in ihre Kriegspropaganda und Kriegsmobilisierung passt. Lassen wir uns nicht täuschen: es gibt auch Anarchisten und Kommunisten in der Ukraine, Russland, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Polen, Weißrussland, Litauen, Lettland und vielen anderen Gebieten, die sich weigern, an diesem Krieg teilzunehmen. Sie definieren ihn richtigerweise als eine Rivalität zwischen verschiedenen imperialistischen Blöcken und nicht als einen Kampf zwischen Diktatur und Demokratie, wie es die Demokraten aller Couleur, einschließlich derjenigen, die rote, schwarze und schwarz-rote Fahnen schwenken, gewöhnlich erklären.

Das Verlagshaus Subverze hat im Juli 2022 mehrere Publikationen herausgegeben, um sicherzustellen, dass die Stimme der Kriegsgegner nicht unter der Last der Kriegspropaganda untergeht.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Texte:

Gegen Krieg und militärische Mobilmachung – Vorläufige Notizen zur Invasion in der Ukraine1
https://subverze.noblogs.org/post/2022/07/23/proti-valce-a-vojenske-mobilizaci-predbezne-poznamky-k-invazi-na-ukrajinu/

Kämpfe nicht für „dein“ Land! – International Perspective2
https://subverze.noblogs.org/post/2022/07/23/nebojuj-za-svou-zemi-international-perspectives/

Anarchismus, Nationalismus, Krieg und Frieden
https://subverze.noblogs.org/post/2022/07/22/anarchismus-nacionalismus-valka-a-mir/
* vier Texte, die von Libcom, A
narchist Comunist Group (zwei Texte auf Englisch) und KRAS-IAA veröffentlicht wurden.

Kritischer Kommentar zur politischen Ausrichtung des Textes von Kolektivně proti Kapitálu – Mouvement Communiste3
https://subverze.noblogs.org/post/2022/07/22/kriticky-komentar-k-politicke-orientaci-textu-od-kolektivne-proti-kapitalu-mouvement-communiste/


1A.d.Ü., In der Tat – Anarchistische Zeitschrift. Ausgabe 14, auf Deutsch, hier oder hier zu lesen.

2A.d.Ü., auf Deutsch, hier oder hier zu lesen.

3A.d.Ü., auf Deutsch, hier oder hier zu lesen.

Rudolf Rocker und die anarchistische Haltung zum Krieg (1946), André Prudhommeaux

Gefunden auf Kates Sharpley Library, die Übersetzung ist von uns. Hier ein historischer Text von 1946, der die kriegsunterstützende Haltung von Rudolf Rocker während des Zweiten Weltkriegs kritisiert und angreift. Nicht nur das Rocker sich für die Kriegsbeteiligung der Vereinigten Staaten einsetzte, sondern dass er darüber hinaus die Ausgebeuteten zu einer gehorsamen Masse ummodulieren wollte, dass sie das Kanonenfutter für den kommenden Krieg werden würde, sondern plädierte er zusätzlich dazu, um auf der Heimatfront den Burgfrieden zu schaffen, dass der Klassenkrieg für die Dauer des Krieges ausgesetzt werden sollte, denn auch nur so können Kriege geführt werden. Die Bourgeoisie bekämpft immer, in Zeiten des sozialen Friedens, des sozialen Krieges, oder des kapitalistischen Krieges mit anderen Fraktionen des Kapitals, einen unerbittlichen Kampf um seine Existenz zu garantieren. Ganz im Sinne jeder herrschenden Klasse, egal im welchen Krieg, es gilt die Nation zu verteidigen, alle vereint, unter dem Banner der Interessen der herrschenden Klassen, verschleiert als die Interessen aller. Es gibt keinen besseren oder schlechteren Kapitalismus, es gibt keinen besseren oder schlechteren Staat, die Regentschaft des Kapitalismus ist international, international wird seine Zerstörung, sowie die aller Staaten. Rudolf Rocker und die anarchistische Haltung zum Krieg (1946), André Prudhommeaux Wenn ein Gefährte mit dem Ansehen und den Fähigkeiten von Rudolf Rocker feierlich die Verantwortung für eine Haltung übernimmt, die von einem nicht unerheblichen Teil der anarchistischen Bewegung vertreten wird, sollte jeder Militante die Angelegenheit im Lichte der Vernunft und der Erfahrung neu bewerten. Und wenn er das im Moment nicht tun kann, weil er die Schriften nicht kennt oder die Situation nicht in den Griff bekommt, kann und sollte er, sobald die Situation klar geworden ist, überlegen, auf welcher Seite die Fehler lagen, damit daraus willkommene Lehren für die Zukunft gezogen werden können. In seiner Eigenschaft als Chefredakteur der Zeitung der jüdischen Arbeiter in New York (Freie Arbeiter Shtimme, ist, wie wir glauben, eine Tageszeitung mit libertären syndikalistischen Tendenzen und wird auf Jiddisch herausgegeben), hatte und hat Gefährte Rocker erheblichen Einfluss auf bestimmte Teile der amerikanischen Arbeiterbewegung; er gilt als Symbol für anarchistische Integrität, und deshalb wird leicht akzeptiert, dass alles, was Rocker befürwortet, mit der reinsten Strenge seiner eigenen Doktrin vereinbar ist und in den Augen eines gewerkschaftlich/syndikalistisch organisierten Arbeiters umso unwahrscheinlicher als opportunistische Verdrehung der proletarischen Moral erscheinen kann. Als Rudolf Rocker 1933 die widerstandslose Niederlage der deutschen Arbeiterklasse (und die „Jeder für sich“-Haltung einiger sehr bekannter Internationalisten, die die Archive der IAA durch einen völlig ehrenhaften und eher vorübergehenden Rückzug dem Feind überließen in Erwartung des unvermeidlichen Untergangs des Hitlerismus) erklärte und den Reichstagsbrandstifter Marinus Van der Lubbe für die Niederlage der Arbeiter verantwortlich machte, wurden seine Erklärungen und der Mann selbst von der großen amerikanischen Demokratie herzlichst begrüßt, die froh war, in ihm einen vernünftigen Menschen gefunden zu haben, dessen moralische Autorität sie für ihre eigenen Interessen nutzen konnte. Seitdem haben die Ereignisse gezeigt, dass der bescheidene vagabundierende Arbeiter, der zur Brandstiftung griff, um das deutsche Proletariat von der Wahlurne wegzulocken und es durch sein Beispiel zu entschlossenem, gewaltsamen Handeln zu drängen, das damals die einzige Möglichkeit war, Deutschland und Europa vor dem Nazi-Terror zu retten, Recht hatte und dass das alte Philosophen-Orakel der deutschen Libertären Unrecht hatte. Die Parolen der kommunistischen, sozialistischen und gewerkschaftlichen/syndikalistischen Führungen, die wie aus einem Munde die Provokation schrien und ihren Truppen den Rückgriff auf die Waffen untersagten und damit Hitler die Freiheit ließen, sie aus einer Position der Macht heraus einzusetzen, waren der eigentliche Verrat: die organisatorische Disziplin des deutschen Proletariats – es hatte die Zahl und die ökonomische Stärke und die Wahl der Waffen, ließ sich aber unter den Bannern von Hindenburg und Thälmann wie Schafe zur Schlachtbank führen und überließ den Sturmabteilungen die Herrschaft über die Straßen – bleibt die Sünde der deutschen Arbeiterklasse und die Welt hat noch nicht damit abgeschlossen, dafür zu bezahlen. Dadurch, dass sie es mit der Angst zu tun bekamen angesichts des Brandanschlags auf eine Müllhalde voller Akrobaten, wo die erbärmliche Farce des deutschen Parlamentarismus in erbärmlichen Fratzen unter dem eisernen Absatz des Faschismus endete, wurden die Arbeiter Deutschlands und Europas am Ende der Qual und dem Tod ausgesetzt, als ganze Städte – Coventry, Rotterdam, Warschau, Hamburg und Berlin – in Flammen aufgingen und ihre Vernichtung der Preis für die panische Pedanterie einiger weniger Hohepriester war. Der Einzige, der aus dieser Tortur ehrenvoll hervorging, war Van der Lubbe selbst, der verleumdet, gefoltert, unter Drogen gesetzt und hingerichtet wurde, ohne auch nur eine Sekunde lang die Anschuldigungen zu leugnen oder zuzulassen, dass auch nur ein einziger „Komplize“ verurteilt wurde: sein Opfer hat es zwar nicht geschafft, die sich abmühenden Massen zu mobilisieren und zum Sieg zu führen. Der wäre auch ohne ihn und trotz ihm gekommen. Aber er hat sich wenigstens gewehrt, während andere Opfer des Hitlerismus sich damit begnügten, zu grinsen und es zu ertragen: unter den vielen Märtyrern ist er der einzige Held. Wir hoffen, dass Gefährte Rocker den Anstand haben wird, seinen Fehler einzugestehen, so wie die Hauptverfechter der Regierungspartnerschaft von 1936-1938, die im Namen der CNT und der FAI geschlossen wurde, ihren Fehler zugegeben haben, nachdem er gesehen hat, wie unsinnig seine Ansichten waren – „Hitler fällt wie eine reife Frucht nach ein paar Monaten an der Macht“ – und nachdem er miterlebt hat, wie die Lügen über die Provokation bei den Nürnberger Prozessen in sich zusammenfielen – Van der Lubbe wurde als Provokateur abgeschrieben. Meiner Meinung nach beruhen diese beiden Fehler nicht auf einer bewussten Abkehr von der anarchistischen Solidarität, sondern auf der falschen Auslegung einer anarchistischen Faustregel, die keine Abweichung zulässt, egal wie außergewöhnlich die Umstände sind (und erst recht nicht unter außergewöhnlichen Umständen). Ich beziehe mich auf das Prinzip der direkten Aktion. Und im Namen dieses Prinzips der direkten Aktion möchte ich hier einen Kommentar zu Rockers berühmtem Artikel abgeben: „The Order of the Hour“1: Gefährte Rocker verfasste diesen Artikel zu einer Zeit, als in den Vereinigten Staaten die Frage des Kriegseintritts auf Seiten Englands und Russlands entschieden wurde. Wir wissen, dass der amerikanische Kapitalismus schon lange in zwei fast gleich große Fraktionen gespalten war: die Isolationisten, die eine abwartende Politik vertraten, und die Interventionisten, die die Zeit für gekommen hielten, die Beziehungen zu Deutschland zu kappen. Während sie auf die Entscheidung dieser Herren warteten, hielt sich die Mehrheit der amerikanischen Anarchisten – in der Nachfolge von Gefährte Marcus Graham, dem Herausgeber der Zeitschrift Man!, die im Vorjahr von der Regierung geschlossen wurde – auf dem Terrain des kompromisslosen Klassenkampfes und der Verteidigung der individuellen Rechte. Auch wenn er das nicht ausdrücklich sagt, richtet Rocker seine Kritik an diejenigen, die „sich zu Komplizen mörderischer Feiglinge machen und die Welt auf die Segnungen von Hitlers neuer Ordnung vorbereiten, während sie behaupten, es sei ihnen gleichgültig, wer in diesem schrecklichen Kampf gewinnen wird“. Worauf will er hier eigentlich hinaus? Hofft er auf den Erfolg der kapitalistischen Demokratien und des russischen Totalitarismus? Anarchisten haben die Reihen derer, die in den Kirchen Kerzen anzünden, längst verlassen. Was Rocker eigentlich von den amerikanischen Anarchisten verlangt, ist, dass sie sich in die Klassenpolitik des amerikanischen Kapitalismus und seiner Regierung einmischen und sich für eine Intervention der Vereinigten Staaten im Weltkrieg einsetzen. Das ist – wohlgemerkt – eine Intervention in zwei Richtungen. Zum einen drängt sie die Politiker an der Wall Street und anderswo dazu, amerikanische Arbeiter und Bauern in Soldatenuniformen in das Gemetzel in Europa zu treiben. Das ist eine Verantwortung, die kein Anarchist übernehmen sollte, egal wie sehr er sich nach der Niederlage Hitlers und der Befreiung der besetzten Völker sehnen mag. Rocker argumentiert, dass die demokratischen Rechte es wert sind, verteidigt zu werden, und dass ihre Abschaffung einen tödlichen Schlag für den menschlichen Fortschritt bedeuten würde: aber gleichzeitig fordert er die amerikanischen Anarchisten auf, die Einstellung ihrer Zeitungen und die Verfolgung ihrer Militanten hinzunehmen und sich aus dem Klassenkampf zurückzuziehen – kurz gesagt, zu schweigen. Oder besser gesagt, er bittet sie, sich zu Wort zu melden, zu schreiben und zu demonstrieren, zu Gunsten der Militarisierung des Landes und für ein Streikverbot (das, wie er behauptet, „den französischen Widerstand gegen die Hitlerhorden zunichte gemacht hat“) und vor allem zu Gunsten der Entsendung riesiger Mengen an Kanonenfutter nach Europa in Form der „Government Issue“ (kurz gesagt, GIs), die in die internationale Schlachtung geschickt werden. Wenn Anarchisten – wenn auch nur auf dem Papier – damit beginnen, das Leben der Massen und ihre heiligsten Interessen für Kriegszwecke zu verwalten, indem sie die Regierungen zur Mobilisierung auffordern und sanftmütige Befolgung ihrer Befehle predigen, wer bleibt dann noch übrig, um sich direkt und in Aktion für die Demokratie und die Rechte des Menschen einzusetzen? Und mit welchem Recht sollte sie es wagen, nach einem siegreichen Abschluss des Krieges denselben Massen den Aufstand zu predigen und die Kontrolle über das eigene Schicksal zu übernehmen, die einen Menschen zu einem freien Menschen macht? Wenn Anarchisten nicht an ihrer politischen Unschuld gegenüber dem Militarismus, dem Imperialismus, dem kriegstreiberischen Totalitarismus und der gegenseitigen Abschlachtung von Proletariern festhalten – wer dann? Wenn sie, die aufgrund ihrer geringen Zahl relativ machtlos sind, nicht wenigstens auf Teufel komm raus an der revolutionären Integrität festhalten, die sie immerhin fast hundertfünfzig Jahre lang aufrechterhalten haben und die ihnen trotz des Verrats ihrer Anführer und des Zusammenbruchs aller proletarischen Massenparteien den Respekt des Volkes und den Hass aller Machthaber eingebracht hat und immer noch einbringt – wer wird ihnen dann noch Beachtung schenken? Der Kampf, der vor zweiunddreißig Jahren zwischen den konkurrierenden Imperialismen ausgetragen wurde, dauert auf der Weltbühne bis heute an. Hätten wir riesige Massen zur Verfügung, könnten wir der Menschheit diese Tortur ersparen: und wenn wir heute über eine solche Kraft verfügten, könnten wir sie durch unser direktes Handeln ankurbeln und ihr eine Richtung geben, die ihren Charakter verändern könnte – und sie in eine befreiende Revolution verwandeln, die alle Grenzen und jede soziale Ungerechtigkeit abschafft und den Grundstein für eine brandneue Welt des Friedens und der Freiheit legt. Die Gegenwart gehört uns nicht, außer in den kleinen Taten des Widerstands, in denen das Überleben des großen Ideals behauptet wird. Unsere Rolle in der Zukunft ist unermesslich: wir werden sie nicht für kleine Erfolge opfern, die für sich genommen weder das Wesen des imperialistischen Konflikts noch seinen Ausgang ändern würden. Die einzige Form der bewaffneten Aktion, die Anarchisten akzeptieren können, ist die Insurrektion, also der Kampf in Freiheit, durch Freiheit und für Freiheit. In dieser Hinsicht waren Anarchisten schon immer individuell und kollektiv auf den Listen, in den Reihen der Unterdrückten und gegen die Unterdrücker. In den beiden Weltkriegen des kapitalistischen Imperialismus waren alle revolutionären Intervalle in Russland, Mitteleuropa, Spanien und in jüngster Zeit in den Ländern, die sich gegen die deutsche Besatzung auflehnten, anarchistisch geprägt und hatten eine mehr oder weniger ausgeprägte anarchistische Beteiligung. Was den Widerstand gegen ausländische Besatzer, die Sabotage der Industrie, den Kampf gegen kollaborierende Regierungen, revolutionäre Guerillakriege und Verbrüderung angeht, haben sich die französischen Anarchisten im Großen und Ganzen so verhalten, dass sie keine Lektionen von Rudolf Rocker benötigen. Und sollte dieser ihnen weiterhin vorwerfen, dass sie die militärische Schlagkraft des kapitalistischen Frankreichs zwischen ’36 und ’39 aufgrund einer „zu engen“ Bindung an die Interessen der Arbeiterklasse geschwächt haben, könnten sie ihm entgegnen, dass Klassenbewusstsein und Klassenkampf, die in Deutschland, Russland, dem Fernen Osten und in den meisten westlichen Ländern (Frankreich nicht ausgenommen) ausgerottet wurden, anderswo weiterleben müssen. Geschrieben als A.P. in Le Réveil anarchiste/Il Risveglio anarchico (Schweiz) Nr. 130, Februar 1946. Aus Un anarchisme hors norme (eine Sammlung von Texten von André Prudhommeaux, veröffentlicht von Tumult https://tumult.noblogs.org/post/2020/02/15/un-anarchisme-hors-norme-andre-prudhommeaux/)

1„The Order of the Hour“ erschien am 28. November 1941 in der Freien Arbeiter Shtimme und wurde in Marcus Graham’s tissues in the present war: A protest (London : Worker’s Friend, 1944). Siehe den Katalogeintrag bei CIRA(Lausanne) https://www.cira.ch/catalogue/index.php?lvl=notice_display&id=1358

Milizionäre, ja! Aber Soldaten, niemals! – Spanische anarchistische Milizen (1936)

Gefunden auf mgouldhawke, die Übersetzung ist von uns. In den letzten Jahren haben einige Gruppen und Einzelpersonen Parallelismen zwischen der sozialen Revolution im spanischen Staat von 1936 bis 1939 und der sogenannten „Rojava Revolution“ gezogen. Dies findet nun auch in der Beteiligung sogenannter Anarchisten und Anarchistinnen im Krieg zwischen der Russischen Föderation und dem ukrainischen Staat statt. Wir haben unsererseits diesen Parallelismus niemals verwendet, denn er ergibt historisch und auf den Anarchismus bezogen gar keinen Sinn. Dieser Parallelismus wird gezogen um eine Teilnahme von Anarchistinnen und Anarchisten, sei es auf individueller oder auf kollektiver Ebene, an den Kriegen des Kapitalismus, um eine Fraktion des Kapitals zu verteidigen, zu rechtfertigen. Schon während der sozialen Revolution ab 1936 gab es viele Stimmen im revolutionären Lager die sich gegen die Militarisierung der Revolution, sowie auch gegen die Bildung einer Volksarmee erhoben. Egal wie sehr man die Geschichte verfälscht und sie nach den eigenen Bedürfnissen biegt, es bleibt eine Fälschung, die Massen kämpften damals in Spanien nicht für die Demokratie, die Republik, alles Instrumente der Herrschaft des Kapitals, sondern für die Abschaffung dieser. Erst als die Konterrevolution triumphierte verschwanden die revolutionären Parolen und Interessen der ausgebeuteten Massen und wurden zu denen der antifaschistischen und demokratischen Bourgeoisie. Dass und nur dass ist was in der Regel übrig geblieben ist, nicht die Verteidigung der sozialen Revolution, sondern die Verteidigung des Kapitals und seiner Regentschaft der Demokratie und dass ist was jene auch verteidigen die diese falschen Parallelismen aufrufen.

Milizionäre, ja! Aber Soldaten, niemals! – Spanische anarchistische Milizen (1936)

Auszüge aus der französischen Publikation „Catalogne Libertaire 1936-1937“ von André und Dori Prudhommeaux (über den spanischen Bürgerkrieg)

Armee oder Milizen?

L’Espagne Antifasciste veröffentlichte einen Artikel:

… in Barcelona … meldeten sich junge Leute bei den Milizen, und einige wollten sogar sofort nach Zaragoza aufbrechen. Um ihren Standpunkt deutlich zu machen, organisierten sie eine riesige Vollversammlung, an der 10.000 von ihnen teilnahmen und bei der sie die folgende Resolution verabschiedeten:

„Wir weigern uns nicht, unsere zivile und revolutionäre Pflicht zu erfüllen. Wir wollen losziehen und unsere Brüder in Zaragoza befreien. Wir wollen Milizionäre für die Freiheit sein, aber keine Soldaten in Uniform. Die Armee hat sich als Gefahr für das Volk erwiesen: nur die populären Milizen schützen die öffentlichen Freiheiten: Milizionäre, ja! Aber Soldaten, niemals!“

Die Mobilisierung und der Flug nach Valencia

… Am 27. Oktober [1936] äußerte sich Frente Libertario (Organ der CNT-FAI*-Milizen im Sektor Madrid) äußerst kritisch unter dem Titel: Milizen oder nationale Armee? Für uns: populäre Milizen!

„In den hohen Sphären der Politik wird daran gearbeitet, die populären Milizen in eine nationale Armee zu verwandeln…

Die Milizen in eine Armee zu verwandeln bedeutet, dass die Spanier in die Vergangenheit zurückkehren sollen. Es ist der Wunsch, dass das spanische Volk keine eigene Persönlichkeit hat …

Für uns ist das Militär ein integraler Bestandteil des Faschismus. Die Armee ist das charakteristische Instrument des Autoritarismus. Die Armee zu unterdrücken, bedeutet, die Möglichkeit der Unterdrückung zu unterdrücken, die diese Armee dem Volk bietet …

Wir verkünden so oft wie möglich und trotz allem, dass wir Antimilitaristen sind. Wir wollen keine Nationale Armee. Wir wollen nicht, dass die populären Milizen, die den Willen des Volkes verkörpern, verschwinden. Nur sie können die Freiheit des spanischen Volkes verteidigen.

Wie schon vor diesem sozialen Krieg rufen wir auch weiterhin:

Nieder mit den Ketten! Die Armee ist ein Symbol der Tyrannei! Schafft die Armee ab!’“

[*Anmerkung: CNT = Nationale Konfedöration der Arbeit. FAI = Iberische Anarchistische Föderation]

 

Dokumente

… Intervention eines Delegierten der Eisernen Kolonne auf dem Plenum in Valencia (von der Kolonne genehmigt und von ihrem Organ Linea de Fuego wiedergegeben, 17. November 1936, Front von Teruel):

„… Es gibt ein Regierungsdekret, das die Militarisierung aller Kolonnen vorsieht, und es gibt Gefährten, die glauben, dass die Militarisierung alles in Ordnung bringt. Wir sagen, dass sie nichts in Ordnung bringen wird.

Angesichts der Gefreiten, Unteroffiziere und Offiziere von den Akademien, die manchmal völlig unwissend über die Probleme des Krieges sind, präsentieren wir unsere Organisation und akzeptieren die militärische Struktur nicht. Die Eiserne Kolonne und alle Kolonnen der CNT und der FAI, und sogar andere, die nicht konföderiert sind, haben die militärische Disziplin nicht akzeptiert.

… Wir akzeptieren nichts, was unseren anarchistischen Ideen zuwiderläuft, die eine Realität sind, denn wir können nicht anders handeln, als wir denken.

Deshalb schlagen wir vor, dass unsere Organisation von Gruppen, Zenturien oder Kolonnenkomitees und Kriegskomitees, die von militärischen und zivilen Elementen gebildet werden, akzeptiert wird, um die Koordination aller Milizen, die an den verschiedenen Fronten kämpfen, mit dem zentralen Hauptquartier herzustellen…“