Ein Kommentar zur aktuellen Serie von Angriffen auf Grünenbüros in der BRD
Eine Serie von Angriffen auf Büros der Regierungspartei die GRÜNEN schwappt dieser Tage durch die Bundesrepublik Deutschland. Mal werden die Scheiben eingeworfen, mal wird die Fassade mit Farbe verunstaltet, mal gibt es Communiqués, mal werden politische Parolen hinterlassen, mal nicht. Was all diese Angriffe gemeinsam haben: Sie sind ein Angriff auf eine Partei, die in den letzten Monaten Rüstungsausgaben erhöht, Waffen exportiert, Kriege unterstützt, aber durch ihre Politik auch eine weitere Verarmung der Menschen, die fortgesetzte Vergiftung und Zerstörung der Umwelt in der die Menschen leben durch v.a. Windkraftanlagen, den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken und Kohlekraftwerken, den Bau von Flüssiggasterminals, usw., usw., beschlossen hat und all das noch mit dem überheblichen Grinsen wohlstandsgenährter Bessermenschen und einhergehend mit den typisch-herablassenden Ratschlägen völlig realitätsentfremdeter Politiker*innen hinsichtlich des Dusch-, Heiz- und Stromverbrauchsverhaltens der Menschen. Ganz nebenbei wurden von GRÜNEN-Politikern zudem fleißig Verträge über neue koloniale Energieprojekte abgeschlossen, die europäischen Grenzen weiter verstärkt und deren mörderische Praktiken aufrechterhalten, sowie Militarisierungsbestrebungen im Inland durchgewunken. GRÜNE Politik erweist sich wieder einmal (und wen überrascht das eigentlich wirklich), als in ihren Auswirkungen dramatischer als selbst die konservativste Politik der letzten Jahre und angesichts eines noch immer vorherrschenden Fokus antifaschistischer Interventionen gegen die rechtspopulistische, aber politisch wenig einflussreiche AfD – während die gleiche “antifaschistische” Bündnispolitik noch immer Organisationen der GRÜNEN und ihrer Jugendorganisationen weitestgehend unhinterfragt zu ihren Bündnispartner*innen zählt –, muss man sich als “Antifa” dieser Ausprägung ganz gewiss zurecht die Frage gefallen lassen, ob man nicht eigentlich vielmehr ein para-staatliches Bollwerk nach dem Vorbild diverser kommunistischer, wie faschistischer Schlägertrupps der späten 20er Jahre wäre, auch wenn diese Frage in aller Regel von jenen gestellt werden zu scheint, die sich eigentlich nur einen Staat in politisch leicht divergierender Ausprägung wünschen.
Aber natürlich ist die “Antifa” der Parteijugenden und ihrer etwas hipper wirkenden parteilosen Verbündeten gewiss die letzte Kraft, auf die man hinsichtlich des Kampfes gegen ökofaschistische Bestrebungen zählen sollte und offensichtlich gibt es ja eine ganze Reihe von Menschen, die erkannt haben zu scheinen – oder besser noch: denen diese Tatsache schon immer oder wenigstens schon seit langem klar war –, dass die GRÜNEN ihrer Natur gemäß Feind jeder Bewegung nach Freiheit sind und als solche sowohl angegriffen werden können, wie auch angegriffen werden müssen, will man nicht tatenlos dabei zusehen, wie dieses Politiker*innenpack versucht sämtliche Aufbrüche in Richtung Freiheit zu rekuperieren und damit unschädlich zu machen. Und so kommt es auch, dass es in den vergangenen Monaten zahlreiche Angriffe gegen Parteibüros der GRÜNEN gegeben hat, zu denen sich von anarchistischer Seite oder sogar selbst von linker Seite, jener linken Seite, die vielleicht noch nicht gänzlich ihr Hirn an der Wahlurne abgegeben hat, bekannt wurde.
Ob in Berlin (https://sozialerzorn.noblogs.org/post/2022/10/06/b-ihr-seid-die-krise-parteibuero-der-gruenen-eingeworfen/), Leipzig (https://sozialerzorn.noblogs.org/post/2022/08/17/scheiben-an-gruenen-buero-eingeschlagen/) oder anderswo haben sich Menschen dazu entschlossen, ihre Gründe für den Angriff auf die GRÜNEN kund zu tun. Und siehe da: diese Menschen streben nach Freiheit – und damit meinen sie nicht die kleinkarrierte bürgerliche Vorstellung von einer “Freiheit” der Parteien, des Kapitals und des Staates die Menschen zu schröpfen. Auch auf das Grünen Büro in Harburg hat es einen Angriff gegeben, der seine Gründe anhand von Parolen offen legte: “How Dare You”, “Stopp Kohle”, “Lützi” und ein gelbes X prangten am Abend des 19. Oktobers 2022 am Parteibüro der GRÜNEN in Harburg. Eine klare Botschaft, die zwar ein wenig bittstellerisch daherzukommen scheint, aber nichtsdestotrotz eindeutig bleibt. Und dann gibt es da noch eine Reihe von Angriffen, deren Botschaft zwar unmissverständlich bleibt, deren Gründe jedoch von den Angrifer*innen niemals kund getan wurden. In München beispielsweise wurden im Juli und Oktober die Scheiben eines GRÜNEN Büros im Stadtteil Schwabing-West von Unbekannten zweimal mit Steinen eingeworfen. Keine Botschaft. Kein Communiqué. Keine Festnahmen. Aber was gibt es dazu auch zu erklären? Und es gibt gewiss keinen Anlass dazu zu spekulieren, wer hinter dieser Tat stecken könnte und ob dessen Motive vielleicht “unrein” gewesen sein könnten. Anders sieht es vielleicht – sofern dies nicht eine Konstruktion der, wie manch verwirrter Geist so treffend sagt(e) “Lügenpresse” ist – im Falle des in-Brand-Setzens einer Sitzbank vor dem Büro der GRÜNEN Familienministerin Paus in Berlin-Charlottenburg aus. Augenscheinlich im Erdgeschoss eines Wohngebäudes gelegen und offenbar während ein*e Mitarbeiter*in in dem Büro zugegen war, spricht dieser Angriff keine sonderlich freiheitliche Sprache, sondern vielmehr die einer militaristischen Logik, in der bereitwillig Kollateralschäden in Kauf genommen werden, selbst für die geringfügigsten Schläge gegen den politischen Feind. Dass zudem in unmittelbarer Nähe zum Ort des Geschehens der Schriftzug NSU prangte, mag da auch den letzten Verdacht zerstreuen, dass hier Menschen am Werk gewesen hätten sein können, denen die Freiheit ein Anliegen sein könnte.
Doch die offensichtliche Tatsache, dass es selbstverständlich auch Feinde der GRÜNEN innerhalb des politischen Parteienspektrums und darüber hinaus im Spektrum der Macht gibt, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass just in diesem Moment etwas ganz anderes im Gange sein könnte: Nämlich eine Welle an Angriffen auf die GRÜNEN, die vom Verlangen nach Freiheit genährt wird. Ein Verlangen, auf das weder Linke, noch Anarchist*innen ein Monopol besitzen und das gerade dann gefährlich wird, wenn es sich unter den Ausgebeuteten und Ausgeschlossenen der Gesellschaft ausbreitet und diese zum Angriff auf jene treibt, die sie unterdrücken.
Das wissen die GRÜNEN und ihre Adjutanten bei der “Lügenpresse” natürlich genauso. Und möglicherweise ist eben dies der Grund, warum sie in Reaktion auf die hoffentlich gerade erst beginnende Serie von Angriffen gegen sie entschieden haben, diese als “von Rechts” kommend zu framen, als “demokratiefeindlich” (was sie gewiss sind, aber ist nicht die Feindschaft gegen die Demokratie zuallererst ein Indiz für ein Streben nach Freiheit?) und folglich als ihrem Wesen nach “autoritär” oder gar “faschistisch”. Vielleicht überschätzt man die GRÜNEN damit ja auch und eigentlich sind sie wirklich so dumm, wie sie vorgeben, wenn sie etwa in Reaktion auf oben genannten Angriff auf ihr Büro in Harburg sagen: “Wir haben uns natürlich aufgeregt. Ich vermute aber, dass das nicht von links kommt.” Ich denke es wäre ein Fehler, hier nur Dummheit anzunehmen. Nein, was die GRÜNEN hier versuchen, ist mithilfe von Verwirrung über die Frage irgendwelcher ohnehin hohler politischer Identitäten ihrer Feind*innen auch die Welle an Angriffen gegen sie abzuschwächen. Es ist nachvollziehbar, dass man als nach Freiheit strebende*r Angrifer*in nicht mit autoritären Kräften verwechselt werden möchte. Nichtsdestotrotz sollten wir uns davor hüten, es der Presse und den GRÜNEN oder allgemein unseren Feinden zu überlassen zu beurteilen, wo diese Verwechslung vorliegen könnte. Indem die GRÜNEN in Harburg etwa versuchen, den Angriff auf sie als eine False-Flag-Aktion von Rechts darzustellen, versuchen sie natürlich, sich als eigentlich legitimen Bündnispartner einer radikal linken Politik zu inszenieren. Und auch wenn hier bereits eine gehörige Verwirrung unter radikalen Linken, die tatsächlich derlei Bündnisse eingehen, zu herrschen scheint, bzw. je nach begrifflicher Fassung genau diese Art von Verwirrung ein Kernproblem dessen ist, was die radikale Linke ausmacht und von der es sich aus Sicht von Antiautoritären dann auch abzugrenzen gilt, wäre ein Erfolg mit dieser Strategie fatal. Denn ein Bündnis mit den GRÜNEN ist heute vielleicht mehr als jemals zuvor der totale Verrat an jeder subversiven Idee.
Die einzig passende Antwort auf derlei Bestrebungen seitens der GRÜNEN ist dabei erfreulicherweise mit jeder Menge Spaß verbunden: Sorgen wir dafür, dass die Angriffe gegen die Grünen nicht abreißen. Sorgen wir dafür, dass wir mit unseren Taten eine klare Sprache sprechen, die sich immer und überall gegen alle Autoritäten richtet und jeder militaristischen Logik entflieht. Und vielleicht am wichtigsten: Lassen wir uns nicht auf die Logik des Spektakels ein. Lassen wir uns nicht von den Lügen der Presse einlullen, sondern lasst uns ein eigenes Verständnis von der Welt in der wir leben entwickeln. Lasst uns sämtliche Rechts-Links-Frontenbildung über den Haufen werfen und stattdessen in Worten und Taten nach jenen Verbündeten suchen, mit denen wir die gleiche Sprache der Freiheit sprechen und die gleiche Vorstellung davon, sowie des Kampfes um sie teilen. Denn ein Angriff auf die GRÜNEN, ebenso wie jeder Angriff auf die Herrschaft bleibt zunächst einmal genau das; und nur weil die Macht versucht, Narrative zu entwickeln, die durch eine Rechts-Links-Einteilung von für sich sprechenden Taten die Kontrolle über solche Angriffe wahren sollen, sollten wir nicht den Fehler machen, diesem billigen Versuch der Aufstandsbekämpfung auf den Leim zu gehen.
Auf dass die Grünen in der Welle an Hass auf ihre mörderische, koloniale und sozialchauvinistische Politik der Umweltzerstörung, der Grenzen und des Krieges ertrinken mögen und nicht nur sie, sondern mit ihnen auch all die Technokraten, die Faschisten, die Demokraten, die Leninisten und wie sie noch alle heißen!